Wirtschaft

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Stand: Dezember 2010

Aktuelle Wirtschaftslage und Investitionsbedingungen

Die bulgarische Währung Lev ist seit 1997 mit einem festen Wechselkurs an die Deutsche Mark und später an den Euro gekoppelt (1 EUR=1,95583 Lev). Im Gegensatz zu den Währungen der meisten osteuropäischen Staaten geriet der Lev nicht unter Abwertungsdruck, was neben dem bestehenden ‚Currency Board‘ auch mit den relativ soliden Staatsfinanzen zu erklären ist. Anders als Griechenland, Rumänien, Ungarn und Lettland benötigte Bulgarien keine Kredite des IWF.

Nach dem Beitritt zur Europäischen Union am 01.01.2007 ist der Beitritt zum Wechselkursmechanismus II als Vorstufe zur offiziellen Einführung des Euro eines der wichtigsten wirtschaftspolitischen Ziele der Regierung. Der Importboom nach dem EU-Beitritt, der in den Jahren 2007 und 2008 zu einem hohen Leistungsbilanzdefizit (12,3 Prozent des BIP, 2008) und zu steigender Inflation (12,5 Prozent, 2007; 7,8 Prozent, 2008) führte, stand diesem Ziel bisher entgegen. Die Auswirkungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise senkten die Inflation in Bulgarien 2009 auf 0,6 Prozent (Jan-November 2010 4,1 Prozent) und das Leistungsbilanzdefizit von 25,4 Prozent 2008 auf 8,6 Prozent des BIP 2009 (1,8 Prozent Jan-Juni 2010), was allerdings vorwiegend auf den deutlich gesunkenen Import zurück zu führen ist.

Seit Ende 2009 zeichnet sich ab, dass das Maastricht-Kriterium „Defizit“ einem schnellen Beitritt zur Eurozone entgegen steht; eine Nachberechnung hatte ergeben, dass der Haushalt des Jahres 2009 einen Fehlbetrag von 3,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufweist. Für den Jahresabschluss 2010 wird ein ähnlicher Saldo erwartet (2,7 Prozent bis 31.10.2010). Um ihn zu reduzieren, hat Bulgarien bereits seit Mitte 2009, anders als die anderen europäischen Staaten, auf konjunkturstimulierende Maßnahmen verzichtet und fuhr im Gegenteil einen strikten Sparkurs. Dieser wird seit Frühjahr 2010 verstärkt fortgesetzt; kurz vor Ostern wurde von der Regierung ein „Antikrisenpaket“ beschlossen, aus dem sich der Staat Einnahmen bzw. Einsparungen in Höhe von 1,6 Milliarden Lev verspricht. Der Antrag auf Beitritt zum Wechselkursmechanismus II wurde um mindestens ein Jahr verschoben.


Makroökonomische Entwicklung

Weitreichende strukturelle Reformen und die Privatisierung nahezu aller staatlichen Unternehmen in enger Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank haben zur Schaffung makroökonomischer Stabilität beigetragen. Bulgarien erfüllt heute vier der fünf Maastricht-Kriterien für den Beitritt zur Europäischen Währungsunion, der für 2013 angestrebt wird. Nur das Budgetdefizit liegt derzeit bei knapp 3 Prozent.. Die Inflationsrate 2009 lag mit 0,6 Prozent deutlich darunter, stieg aber auf 4,1 Prozent Ende November 2010. Die Arbeitslosigkeit lag im Oktober 2010 bei 8,9 Prozent (im Vergleich: 9,1 Prozent im Vorjahr). Da das Arbeitnehmereinkommen offiziell nur umgerechnet 332 Euro im Monat beträgt und damit bei einem Drittel des EU-Durchschnittseinkommens liegt, braucht Bulgarien noch viele Jahre, um den Rückstand zum Wohlstandsniveau in der EU aufzuholen, deren ärmstes Mitglied Bulgarien ist.

Nachholbedarf gibt es auch bei den Rahmenbedingungen: Verwaltung und Justiz weisen weiterhin Schwächen hinsichtlich Transparenz und Effizienz auf. Die Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche kann schwierig sein; eine Vielzahl bürokratischer Vorschriften verzögert und erschwert Investitionen und Handel. Der Umfang ausländischer Investitionen sank 2009 um 52 Prozent ggü. dem Vorjahr (2009: 3,3 Milliarden Euro, 2008: 6,7 Milliarden Euro) und betrug schließlich zwischen Januar und September 2010 nur noch 0,9 Milliarden Euro(was aber hauptsächlich Folge der weltweiten Konjunkturflaute ist). Importe und inländischer Konsum sind ebenfalls stark zurückgegangen.


Wichtigste Wirtschaftszweige

Energieerzeugung, Nahrungsmittel und Getränke, Metallindustrie, Maschinenbau, Kohle- und Erzabbau, Tourismus, Software-Entwicklung.


Bulgarien als Handels- und Investitionspartner

Die wichtigsten Aus- und Einfuhrgüter Bulgariens:

Ausfuhr: Chemische Produkte, Nahrungs- und Genussmittel, Rohmetall- und Stahlprodukte, Maschinen und Ausrüstungen, Konsumartikel, Textilprodukte, Elektrizität.

Einfuhr: Rohstoffe, mineralische Produkte und Brennstoffe (insbesondere Öl und Gas aus Russland), Maschinen und Ausrüstungen, chemische Erzeugnisse, Konsumgüter.

Das Handelsvolumen sank 2009 auf 28,5 Milliarden Euro (2008: 40,2 Mrd EUR), ist aber seither wieder um 18,1% ggü. Vj. gestiegen (24,7 Mrd EUR bis September 2010).

Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Bulgariens. Über 5.000 deutsche Firmen sind im Handel mit Bulgarien tätig, davon sind 1.200 vor Ort vertreten. Das Handelsvolumen mit Deutschland erreichte 2009 rund 3,3 Milliarden Euro (Jan-Sep 2010 2,9 Milliarden Euro). Die deutschen Exporte nach Bulgarien beliefen sich auf 1,9 Milliarden Euro (1,6 Mrd EUR Jan-Sep 2010), die Importe aus Bulgarien auf 1,4 Milliarden Euro (1,3 Milliarden Euro Jan-Sep 2010).

Seit März 2004 besteht in Sofia die Deutsch-Bulgarische Industrie- und Handelskammer (DBIHK), die 466 Mitglieder zählt.


Investitionen

Anfang 2007 wurden die steuerlichen Bedingungen durch eine erneute Senkung der Körperschaftssteuer auf nunmehr 10 Prozent verbessert, Anfang 2008 erweitert um eine Pauschalsteuer (flat tax) von 10 Prozent auf private Einkommen. In den ersten drei Quartalen 2010 erreichte die Höhe der Auslandsdirektinvestitionen einen neuen Tiefstwert von 0,9 Milliarden Euro (2009: 3,3 Milliarden Euro, 2008: 6,7 Milliarden Euro). Mit 290 Millionen Euro lag Deutschland im Jahr 2009 an dritter Stelle unter den ausländischen Investoren in Bulgarien hinter den Niederlanden und Österreich.

Der hohe Investitionsbedarf der bulgarischen Wirtschaft, der viele Chancen für langfristig orientierte Investoren insbesondere in lohnintensiven Fertigungsbereichen bietet, wird jedoch trotz dieser Entwicklung noch einige Zeit fortbestehen. Über 550.000 Deutsche besuchten 2009 Bulgarien. Der Ausbau von Anlagen für erneuerbare Energie ist zur Zeit auf Grund unklarer rechtlicher Situation ins Stocken geraten. Neben den niedrigen Arbeitskosten ist das allgemein gute Ausbildungsniveau ein Standortvorteil Bulgariens.


Verkehr

Die meisten innerörtlichen Straßen und das Fernstraßennetz sind weiterhin in schlechtem Zustand. Es gibt bisher nur 300 Kilometer Autobahnen, aber die neue Regierung misst dem Weiterbau bzw. Neubau von Autobahnen Priorität zu: die letzten drei Lose der Autobahn „Trakia“ (Sofia – Istanbul) werden intensiv gebaut, und ab dem Jahr 2011 sollen weitere drei Autobahnen in Angriff genommen werden: „Hemus“, „Maritza“ und „Struma“. Für einen erheblichen Teil hiervon stehen EU-Strukturfonds zur Verfügung.

Das bulgarische Eisenbahnnetz umfasst 4.150 Kilometer, davon sind 68,3% elektrifiziert.

Vier paneuropäische Transportkorridore führen durch Bulgarien, ferner gibt es vier internationale Flughäfen (Sofia, Varna, Burgas, Plovdiv) und mehrere Binnenhäfen an der Donau. Der bulgarische Anteil an der Donau (470 Kilometer) ist durchgehend schiffbar; er ist zugleich die Grenze zu Rumänien .


Umwelt

Schwerpunkte der bulgarischen Umweltpolitik ist die Anpassung der nationalen Gesetzgebung an das EU-Recht, ferner das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung sowie die Verbesserung der administrativen Kapazitäten von Ministerien und Behörden. Wie auch in anderen Ländern, resultieren aus den Erfordernissen von Umwelt- und Naturschutz einerseits, denen von Energieerzeugung und Industrie andererseits, bisweilen Zielkonflikte.

Im Februar 2007 wurde die Entscheidung über die Auswahl der Schutzgebiete im Rahmen des länderübergreifenden EU-Schutzgebietssystems NATURA 2000 getroffen. Die Anzahl der zusätzlich aufzunehmenden Schutzgebiete wurde auf 29 festgelegt. Umweltschutz, darunter auch die Verteidigung der ökologisch wichtigen Gebiete wird als Schwachpunkt der Regierung angesehen und bewegt eine Reihe bulgarischer Nichtregierungsorganisationen.


Energie

Bulgarien ist weitgehend von Wärmekraftwerken auf Braunkohlebasis (49 Prozent) und Kernkraft (38 Prozent) abhängig. Der größte Anteil der Energieträger wird importiert, hauptsächlich aus Russland. 2002 wurde eine Nationale Energiestrategie verabschiedet, die bis Ende 2010 mit technischer Unterstützung der Weltbank aktualisiert werden soll.

Ende September 2008 wurden alle staatlichen Energieunternehmen in der Holding „BEH“ zusammengefasst. Diese besteht aus Betrieben: Nationale Energiegesellschaft NEK, Bulgargaz Holding, Kernkraftwerk Kozloduj und Teilen des Maritza Istok Komplexes, nämlich den Braunkohleminen und dem Marica Iztok 2 Kohlekraftwerk – mit Aktiva insgesamt von 4 Milliarden Euro und einem geschätzten Umsatz von 1,8 Mrd EUR. Für die Errichtung eines weiteren Kernkraftwerks in Belene an der Donau wurde Ende November 2010 eine Grundsatzvereinbarung zwischen Bulgarien und Russland unterzeichnet; Einzelheiten des Baus, der Finanzierung, des Betriebs und der Entsorgung sind noch nicht entschieden.

Bulgarien ist an den großen Gaspipelineprojekten Nabucco und South Stream beteiligt.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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