Wirtschaft

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Stand: März 2011

Kurzcharakterisierung der Wirtschaft der SVR Hongkong

Die Wirtschaft Hongkongs gehört zu den am weitesten entwickelten und reichsten Volkswirtschaften weltweit. Mit Platz 21 auf der weltweiten HDI-Rangliste der und einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf zu Kaufkraftparitäten von PPP-USD 45.277 (2009) nimmt es in den internationalen Wohlfahrtsstatistiken Spitzenplätze ein. Allerdings ist dieser Wohlstand im internationalen Vergleich sehr ungleichmäßig unter der Bevölkerung verteilt.

Angesichts eines kleinen Binnenmarktes von sieben Millionen Einwohnern und einer nahezu vollständig nach Festlandchina abgewanderten Produktionsbasis ist Hongkong in hohem Maße vom Außenhandel und damit verbundenen Dienstleistungen abhängig. Traditionell trägt Hongkong dieser Situation durch eine weitgehend offene Außenwirt­schaftspolitik und eine zurückhaltende Regulierung des Wirtschaftssystems Rechnung. 

Gleichzeitig spielt Hongkong eine wichtige Rolle als Brücke sowohl für die finanz- wie auch realwirtschaftlichen Ströme von und nach Festlandchina. Die herausragende Bedeutung der Außenwirtschaft für die Hongkonger Volkswirtschaft verdeutlicht das im internationalen Vergleich außergewöhnlich hohe Verhältnis von Außenhandelsumsatz mit Gütern und Dienstleistungen zu von etwa vier zu eins. Während die sehr liberale Marktordnung vor allem der außenwirtschaftlichen Verflechtung Hongkongs zugute kommt, ergeben sich auf dem Binnenmarkt gleichwohl in einigen Sektoren hohe Markteintrittsbarrieren insbesondere aus der geringen Größe des Marktes, der marktbeherrschenden Stellung weniger lokaler Unternehmen in einigen Branchen und den hohen Immobilienpreisen. Der hohe Grad der Rechtssicherheit, die geringe Steuerlast und die erfolgreiche Bekämpfung von Korruption sind entscheidende positive Standortfaktoren.

Der Souveränitätsübergang an die Volksrepublik China am 1. Juli 1997 hatte keine negativen Rück­wirkungen auf die Hongkonger Wirtschaft. Die Stellung der chinesischen Sonderver­waltungsregion als autonomes Zoll- und Steuergebiet, die marktwirtschaftliche Finanz- und Wirtschafts­ordnung, die Haushaltsautonomie sowie das unabhängige Währungssystem sind bis 2047 völkerrechtlich festgeschrieben. Hongkong ist weiterhin eigenständiges Mitglied bei GATT/WTO und APEC, ist bei ESCAP assoziiert, gehört der Asian Development Bank an und spielt eine anerkannte Rolle im Financial Stability Forum.

Dienstleistungsorientierte Wirtschaftsstruktur

Hongkong wurde für den Handel gegründet. Diese Tatsache ist bis zum heutigen Tag der wesentliche Schlüssel zum Verständnis von Wirtschaft und Gesellschaft Hongkongs. Heute ist jeder zweite Arbeit­nehmer Hongkongs im Bereich Handel und den damit verbundenen Dienstleistungen wie Finanzen, Logistik und sonstige kommerzielle Serviceleistungen beschäftigt. Insbesondere die Bedeutung der Bereiche Finanzen und Tourismus für die Wirtschaft allgemein hat in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. Hongkong ist eines der weltweit bedeutendsten Finanzzentren. 69 der 100 weltweit größten Banken sind in Hongkong tätig; mit über 200 zugelassenen Banken und 71 Vertretungsbüros hat es eine der größten Angebotsdichten im Finanzbereich weltweit. Die Hongkonger Börse ist nach Marktkapi­talisierung die fünftgrößte Börse der Welt. Fast 36 Millionen Besucher 2010 machten Hongkong zu einer der wichtigsten Tourismusdestinationen Asiens.

Hongkongs Wirtschaft hat einhergehend mit der wirtschaftlichen Öffnung Festlandchinas seit den 80er Jahren einen tief greifenden Strukturwandel durchgemacht. Die auf die Herstellung von Konsumgütern konzentrierten Produktionskapazitäten wurden weitgehend in das angrenzende Perlfluss-Delta verlegt und durch die Erbringung von Dienstleistungen ersetzt. Heute trägt das verarbeitende Gewerbe nur noch 3,5 % zum Bruttoinlandsprodukt bei, während Groß- und Einzelhandel, Im- und Export, Gastronomie und Hotellerie 32 % beisteuern, Finanz- und Geschäftsdienstleistungen, Versicherungen und Immobiliengeschäfte 14 % ausmachen und 20 % im sozial-administrativen und persönlichen Service-Sektor erbracht werden. Die lokale Güterherstellung beschränkt sich nunmehr auf wenige hoch­qualitative Nischenpro­duktionen (z.B. forschungssensible und kapitalintensive Elektronik).

Parallel dazu hat sich auch die Marktstruktur der Hongkonger Wirtschaft im Verlauf der letzten 40 Jahre gewandelt. Die traditionellen britisch geprägten Konglomerate aus der Kolonialzeit wurden nach und nach von chinesischen Familienunternehmen über­nommen. Vor allem der Immobiliensektor, der sowohl als wichtige Einkommensquelle der Regierung als auch für die Entwicklung in vielen anderen Branchen (insbesondere den Einzelhandel) von entscheidender Bedeutung ist, wird von wenigen auf Familienver­bindungen beruhenden Konzernen beherrscht.

Brückenkopf für das Chinageschäft

Neben der Rolle als führendes Handels- und Finanzzentrum ergibt sich Hongkongs wirt­schaftliche Bedeutung vor allem aus seiner Stellung als Brücke für den wirtschaftlichen Austausch Festlandchinas mit dem Rest der Welt. Hongkong ist der wichtigste Umschlag­hafen für den chinesischen Außenhandel. Die Motive für die Handelspartner zur Nutzung Hongkongs liegen dabei vor allem in geringeren Informationskosten, der Ausnutzung von Steuer- und Abgabenvorteile und dem hohen technischen Know-how sowie der höheren Transportdichte in Hongkong. Hongkonger Unternehmer gehörten nach der wirtschaftlichen Öffnung Festlandchinas zu den Pionieren des Investitionsengagements in den Ende der siebziger Jahre des vergangenen Jahr­hunderts eingerichteten Sonderwirtschaftszonen des Perflussdeltas. Heute haben fast 90 % aller Auslandsinvestitionen im Perlflussdelta ihren Ursprung in Hongkong. Der weitaus überwiegende Teil dieser Unternehmen ist als Original Equipment Manufacturer (OEM) für ausländische Markenunternehmen oder im Bereich der Lohnveredelung tätig. Begünstigt wird die wirtschaftliche Integration zwischen Hongkong und dem Perlflussdelta durch das 2003 geschlossene erste Freihandelsabkommen Festlandchinas, das mittlerweile durch sieben Zusatzabkommen auf nahezu den gesamten Warenverkehr und 44 Dienstleistungsbereiche ausgeweitet wurde.

Schon vor Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise war in Hongkong die Zuver­sicht hinsichtlich der weiteren Wachstumsmöglichkeiten im Perlflussdelta gesunken. Die chinesische Regierung hatte 2007 eine Verbesserung des Arbeitsschutz­rechts eingeführt, die eine spürbare Verringerung des Produktionskostenvorteils an den Fertigungsstandorten des Perlflussdeltas verursacht hat. Viele Unternehmen haben angekündigt, ihre Produktion entweder ins chinesische Hinterland oder in andere Länder mit noch billigeren Arbeitskräften zu verlagern. Beschleunigt werden diese Pläne durch Ankündigungen lokaler Behörden, die Einhaltung von Umwelt­schutzbedingungen verstärkt überprüfen zu wollen.

Auch als Finanzintermediär spielt Hongkong eine herausragende Rolle für Festlandchina. Hongkong ist die größte Quelle ausländischer Direktinvestitionen in China. Angesicht der in Festlandchina bestehenden Kapitalkontroll­mechanismen bietet Hongkong festland­chinesischen Unternehmen Zugang zu internationalem Kapital und ausländischen Kapitalgebern eine Möglichkeit des finanziellen Engagements in China. Ende 2010 waren 592 Unternehmen aus Festlandchina mit einer Marktkapitalisierung von US-Dollar 1,5 Billionen  an der Hongkonger Börse gelistet.

Die finanzwirtschaftliche Verflechtung Hongkongs mit Festlandchina wird zunehmend enger. Seit 2004 wird schrittweise die Möglichkeit von Geschäften in CNY auf dem Hong­konger Finanzmarkt eingeführt. Wichtige Etappen dabei waren u.a. 2007 die Ein­führung der Möglichkeit für chinesische Finanzinstitutionen, in CNY denominierte Anleihen auf dem Hongkonger Markt zu begeben und das 2009 eingeführte Pilot­projekt zur regional beschränkten Abwicklung von Handelsgeschäften in CNY, das im Dezember 2010 auf fast 70.000 Unternehmen ausgeweitet wurde. Im Juli 2010 wurde der Transfer von CNY Guthaben zwischen Geschäftsbanken in Hongkong ermöglicht; gleichzeitig wurden die bestehenden Beschränkungen für den Erwerb von CNY durch Unternehmen in Hongkong abgeschafft. Seit August 2010 besteht die Möglichkeit für ausländische Zentralbanken, CNY Clearing Banken in Hongkong und Macao sowie andere zugelassene ausländische Banken am inländischen Interbank Bondmarkt in Festlandchina teilzunehmen. Mittlerweile sind 111 Banken in Hongkong im Offshore-Geschäft mit chinesischer Währung tätig und halten Guthaben von insgesamt CNY 371 Mrd. (ca. Euro 40 Mrd.).Vor dem Hintergrund dieser rasanten Entwicklung erhoffen sich Hongkonger Regierung und hiesige Banken eine erhebliche Aufwertung des Finanzplatzes Hongkong als maßgeblicher Offshore-Yuan Handelsplatz, die mit der Entwicklung des Eurodollar Marktes in London in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts verglichen wird. Der nächste entscheidende Schritt, mit dem für das laufende Jahr gerechnet wird, dürfte die erste auf CNY lautende Emission von Aktien an der Hongkonger Börse sein.

Integration in die Weltwirtschaft

Wenige andere Volkswirtschaften sind so intensiv in die Weltwirtschaft eingebunden und damit gleichzeitig so anfällig für externe wirtschaftliche Einflüsse wie Hongkong. Das gesamte Außenhandelsvolumen ist mehr als dreieinhalb Mal so groß wie das Bruttoinlandsprodukt.Umso dramatischer ist es daher für die Hongkonger Wirtschaft, wenn, wie im ersten Vierteljahr 2009 geschehen, bei den Exporten der stärkste Rückgang seit 1954(!) verzeichnet wird. Der Handel mit Dienstleistungen beträgt 70 % des Bruttoinlandsproduktes. Fast 98 % der Exporte Hongkongs sind Re-Exporte, die Hälfte davon nach Festlandchina. Neben China sind die USA, die EU, Japan, Singapur und Taiwan die wichtigsten Handelspartner Hongkongs. Innerhalb der EU ist Deutschland der wichtigste Handelspartner Hongkongs. Nachdem der Hongkonger Außenhandel 2009 v.a. im Verhältnis zur EU und den USA eingebrochen und das Handelsvolumen Deutschlands mit Hongkong 2009 um 15,3 % auf knapp Euro 5,3 Milliarden gesunken war, kam es im letzten Jahr zu einer Erholung: 2010 betrug das Handelsvolumen mit Deutschland nach Hongkonger Zahlen rund Euro 8,1 Mrd. Während sich die Hongkonger Exporte nach Deutschland mit rund 1,6 % im Vergleich zu 2009 nur leicht steigerten, wurde bei Importen aus Deutschland ein Plus von rund 15 % verzeichnet. Bereits im Jahresverlauf 2009 belebte sich der Handel mit China und in der Folge mit weiteren ostasiatischen Partnern erneut . Auch 2010 konnten die Exporte nach China (+ 26,5 %), Korea (+24,4 %) und Taiwan (+25,4 %) im Vergleich zum Vorjahr noch einmal erheblich gesteigert werden.

Hongkong ist sowohl einer der wichtigsten Zielmärkte für ausländische Direktinvestitionen weltweit als auch eine der größten Quellen ausländischer Direktinvestitionen (FDI). 2009 verzeichnete Hongkong eingehende Investitionen im Wert von US-Dollar ca. 52 Milliarden r  Die ausgehenden FDI betrugen US-Dollar 64 Milliarden..

Der Bestand ausländischer FDI lag Ende 2009 bei nominal US-Dollar 931 Milliarden , was dem 4,5 fachen des BIP entspricht und von denen je ein Drittel aus Festlandchina und von den Britischen Jungfern­inseln stammen. Hongkong selbst hielt Ende 2009 FDI im Ausland im Wert von US-Dollar 827 Milliarden.

Im Jahr 1983 wurde ein festes Wechselkursregime im Verhältnis zum US-Dollar eingeführt, (Currency Board) Seitdem bewegt sich der Wechsel­kurs des HK- zum US-Dollar stabil bei 7,8: 1. Im Mai 2005 hat die Hongkonger Währungs­behörde ein Band von 7,75 bis 7,85 Hongkong-Dollar zum US-Dollar eingeführt.

Aktuelle Wirtschaftslage

Die konjunkturelle Erholung nach der Asienkrise 1998 wurde kurzzeitig unterbrochen durch Rückschläge 2001 und 2003 (SARS-Krise) und mündete in ein robustes Wachs­tum von durchschnittlich 7 % jährlich zwischen 2004 und 2007. Nachdem sich Hongkongs Wirtschaft in der jüngsten Wirtschafts- und Finanzkrise bereits robust gezeigt hatte und der Rückgang der Wirtschaftsleistung 2009 mit real -2,5 % geringer als erwartet ausgefallen war, wurde 2010 ein reales Wachstum von 6,8% verzeichnet.

Die im Vergleich zu früheren Krisen, vor allem der Asienkrise 1997/1998, relativ schnelle Erholung von dem tiefen Einbruch der Wirtschaftsleistung Hongkongs wird seitens der Regierung auf ihre Konjunkturstützungsmaßnahmen von bislang Euro 8,8 Milliarden, die umfangreichen Infrastrukturprojekte und die allgemein gestiegene Robustheit der Hongkonger Wirtschaft zurückgeführt. Hongkong konnte darüber hinaus im letzten Jahr vor allem von dem starken Wachstum sowohl in Festlandchina als auch in Asien generell profitieren. Sowohl der private Konsum als auch die öffentlichen Investitionen trugen mit +5,8% bzw. +8,1% zu der positiven Entwicklung bei. Die Erholung zeigt sich auch an der Entwicklung der Außenhandelszahlen: In der Sonderverwaltungsregion Hongkong, welche wie kaum eine andere Volkswirtschaft vom Außenhandelabhängig ist, sorgte vor allem der Rückgang der Exporte (2009: -12% im Jahresvergleich) für den abrupten Konjunktureinbruch zum Jahreswechsel 2008/2009. 2010betrug die Steigerung der Hongkonger Exporte hingegen wieder 22,8%. Die Importe wuchsen 2010 im Jahresvergleich ebenfalls um 25%. Der erneute Aufschwung macht sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar: Die Arbeitslosenzahl betrug Ende Januar 2011 3,8% und ist damit zum ersten Mal in zwei Jahren unter die 4%-Marke gesunken.

Die wirtschaftlichen Erholung, verstärkte Kapitalzuflüsse vor allem aus den USA sowie steigende Lebensmittel- und Mietpreise haben zu einem Anstieg der Preise geführt. 2010 betrug die Inflationsrate durchschnittlich 2,4%, stieg aber im Januar 2011 bezogen auf Januar 2010 bereits auf 3,6%.

Ausgehend von einer weiteren starken wirtschaftlichen Entwicklung in Festlandchina und Asien generell, wird für Hongkong 2011 ein BIP-Wachstum zwischen 4,0 und 5,0 % erwartet. Risiken sieht die Regierung insbesondere in der wirtschaftlichen Situation in den USA sowie in der Schuldenkrise einiger Euro-Länder und der daraus resultierenden volatilen wirtschaftlichen Entwicklung in wichtigen Partnerländern. Steigende Inflationsraten sowie das Entstehen einer Vermögensblase auf den Aktien- und Immobilienmärkten Hongkongs werden ebenfalls als Gefahr angesehen. Für 2011 wird eine durchschnittliche Inflationsrate von 4,5% erwartet. Gleichzeitig erwartet die Regierung aber auch weitere Impulse aus der Rolle Hongkongs als internationalem Finanzzentrum in Asien, u.a. aus der Internationalisierung des RMB/Yuan und daraus erwachsenden Finanzgeschäften.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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