Wirtschaft
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Stand: März 2011
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Afghanistan zählt neun Jahre nach Beginn des internationalen Wiederaufbauengagements laut Statistik des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) immer noch zu den ärmsten Ländern der Erde und ist das ärmste Land außerhalb Afrikas. Auf dem Human Development Index von UNDP belegt Afghanistan 2010 Platz 155 von 169 gelisteten Ländern. Industrieproduktion ist kaum vorhanden, 80% der Bevölkerung sind im landwirtschaftlichen Bereich tätig.
Dabei bemüht sich die afghanische Regierung um eine wirtschaftliche Erholung des Landes und hat Erfolge vorzuweisen: Die Inflationsrate konnte von 28,3% im Jahr 2008 auf rund 5% (Stand Juli 2010) gesenkt werden. Das Bruttoinlandsprodukt wird vom IWF für 2009/10 auf 14,5 Mrd. USD geschätzt und hat sich damit seit 2006/07 mehr als verdoppelt. Das Wachstum allein im Jahr 2010 wird vom IWF mit 22,5 % prognostiziert. Durch den Bau von Straßen, Flughäfen und die Eröffnung der ersten afghanischen Eisenbahnstrecke von Masar-i Sharif nach Usbekistan Ende 2010 konnte auch die für den Export afghanischer Waren wichtige infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung aber weiterhin groß. So liegt die Analphabetenquote in ländlichen Regionen noch bei rund 90%.
Entsprechend der positiven wirtschaftlichen Entwicklung sind laut Berechnungen des afghanischen Finanzministeriums die Staatseinnahmen im Jahr 2010 von zunächst geschätzten 1,5 Mrd. USD auf 1,8 Mrd USD deutlich angestiegen. Gleichwohl decken die Eigeneinnahmen lediglich knapp die Hälfte der laufenden Kosten des afghanischen Staatshaushaltes, 50% werden nach wie vor durch Subventionen und Zahlungen der internationalen Gemeinschaft finanziert (insbesondere Ausgaben im Polizei-, Justiz-, Gesundheits- und Bildungssektor). Im Haushaltsjahr 2009/10 belief sich der Anteil internationalen Hilfsgelder am Haushalt auf ca. 63 Mrd. Afghani (Währung von Afghanistan, Abkürzung: AFN), ohne sie wäre der afghanische Staat nicht überlebensfähig. Hinzu kommen 2010 weitere 245,4 Mrd. AFN, die von Gebern bilateral für Wiederaufbau- und Entwicklungsprojekte aufgewendet werden. Diese Gelder fließen direkt in Projekte und Programme, die durch afghanische oder internationale Durchführungsorganisationen umgesetzt werden.
Trotz eines Rückgangs von 8.200 Tonnen im Jahr 2007/08 auf geschätzte 6.900 Tonnen im Jahr 2009/10 hat die afghanische Drogenwirtschaft auch weiterhin einen Weltmarkanteil am Opium- und Heroinhandel von 90%. Rund 2,2 Mio. Afghanen leben mittelbar oder unmittelbar vom Drogenanbau, -handel und -verkauf. Infolge des starken legalen Wirtschaftswachstums und sinkender Preise für Opium konnte gleichwohl die Abhängigkeit der afghanischen Volkswirtschaft vom Drogenanbau verringert werden: Der Anteil des Drogeneinkommens am Bruttoinlandsprodukt sank nach Angaben von UNODC von 61,7% 2002/03 auf etwa 20% im Jahr 2009.
Das zwischen IWF und afghanischer Regierung seit 2006 laufende Dreijahresprogramm („Three Year Arrangement Under te Extended Credit Facility“) ist im September 2010 zunächst ausgelaufen, ohne durch ein Anschlussprogramm ersetzt zu werden. Hintergrund dieser Entscheidung war die Krise um die private Kabul-Bank, die Rückschlüsse auf Defizite im afghanischen Finanzsektor zulässt. Derzeit werden daher gemeinsam von IWF und afghanischer Regierung Zielvorgaben für ein neues IWF-Programm ausgehandelt, die zu mehr Transparenz und besserer Regulierung des Finanzsektors beitragen. Nach Abschluss dieser Verhandlungen kann ein neues Programm voraussichtlich Anfang 2011 in Kraft treten.
Umwelt
Afghanistan ist mit erheblichen Umweltproblemen konfrontiert: Neben der rapide ansteigenden Luft- und Wasserverschmutzung in den Städten – insbesondere in Kabul – nehmen in vielen Landesteilen Entwaldung, Bodendegradation und die Überbeanspruchung der Wasserressourcen besorgniserregende Dimensionen an.
Der Baumbestand Afghanistans hat insbesondere unter dem Raubbau in den Kriegsjahren stark gelitten; die Wiederbelebung der Bewässerungslandwirtschaft in Kombination mit den regelmäßig wiederkehrenden Dürrejahren wirken sich ungünstig auf die Wasserressourcen aus. Das erwartete Abschmelzen der Gletscher des zentralen Hochlands durch den Klimawandel wird das Wasserressourcenmanagement Afghanistans vor zusätzliche Herausforderungen stellen. Angesichts des raschen Bevölkerungswachstums können Ernährungssicherheit und Eindämmung der Armut in Afghanistan daher nur bei einem erfolgreichen Strukturwandel hin zu einer ressourceneffizienteren Landwirtschaft bei gleichzeitiger Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur erreicht werden.
2007 wurden ein nationales Umweltgesetz sowie entsprechende Umsetzungsverordnungen verabschiedet, weitere Umweltschutz-Gesetzesvorhaben sind in Vorbereitung. Die nationale Umweltschutzbehörde Afghanistans (National Environment Protection Agency, NEPA) ist bislang jedoch kaum in der Lage, entsprechenden rechtlichen Vorgaben auch in der Praxis Geltung zu verschaffen.
Quellen: IWF, UNODC (United Nations Office on Drugs and Crime)
Hinweis