Wirtschaft
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Stand: März 2011
Wirtschaftliche Lage
Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von ca. 1.7200 Mrd. USD (2010) ist Brasilien die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt. Das Pro-Kopf-Einkommen betrug zur gleichen Zeit ca. 8.400 USD. Die Erwirtschaftung des BIP erfolgt zu etwa 65 % im Dienstleistungsbereich, zu 29 % in der Industrie und zu 6 % in der Landwirtschaft. Die brasilianische Wirtschaft befindet sich in einem guten Zustand. Rekorde beim Wachstum, beim Außenhandel, bei Investitionen und auch beim Beschäftigungszuwachs erhöhen das wirtschaftspolitische Interesse an Brasilien.
Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/2009 scheint – trotz noch bestehender Fernwirkungen – inzwischen überstanden. Brasilien hat diese Krise rascher und mit vergleichsweise geringeren Einbußen überwunden als fast alle Industrieländer sowie die meisten Schwellenländer. Mit 191 Mio. Einwohnern bleibt der starke Binnenmarkt der Haupt-Konjunkturmotor (2010 rd. 60 % BIP), der mit einer insgesamt geringen Exportabhängigkeit (ca. 20 % BIP 2008) einhergeht.
Brasilien konnte in den letzten Jahren stark vom Rohstoffboom, auch im Agrarbereich profitieren. Die brasilianische Agrarwirtschaft hat nach dem Rückschritt 2009 ihren Wachstumskurs weiter verfolgt und 2010 mit Exporten im Wert von über 76 Mrd. US-$ einen neuen Rekord aufgestellt. Er beruht überwiegend auf einem Preis-, weniger auf einem Mengeneffekt. Das wichtigste Ausfuhrerzeugnis waren Sojaprodukte. Zucker nahm erstmals den 2. Platz ein, gefolgt von Fleisch. Asien als Hauptabnehmerregion nahm rund 30% der brasilianischen Exporte ab. Die EU steht mit 26,7% an zweiter Stelle. Wichtigster Einzelabnehmerstaat war China mit einer Einfuhrsteigerung von 23,4%..Die Zentralbank setzte ihre stabilitätsorientierte Geldpolitik fort, wobei sie den Fokus gegen Jahresende von rückläufigen Konjunktur- auf zunehmende Inflationsrisiken verschob. In Anbetracht des Anstiegs des Preisauftriebs (zwölfmonatige Durchschnittsrate lag im Januar 2011 bei 5,9 %), hat die Zentralbank zur Einhaltung ihres Inflationsziels von 4,5 % den Leitzins Selic erneut erhöht (zuletzt auf 11,25 % am 19.01.2011).
Der Aussenhandel Brasiliens konnte wieder deutliche Zuwächse verzeichnen. Wichtigste Außenhandelspartner 2010: Die EU mit einem Volumen von 82,3 Mrd. , CHN mit 56,2 Mrd. und die USA mit 46,5 Mrd. US-$.
2010 haben die Exporte BRAs zugenommen auf das Rekordniveau von 201,9 Mrd. US-$ (2009: 152,9 Mrd. US-$), und auch die Importe verzeichneten einen neuen Höchststand mit 181,6 Mrd. US-$ (2009: 127, 6 Mrd. US-$), so dass der kumulierte Handelsbilanzüberschuss 2010 um ca. 20% gegenüber 2009 zurückging auf 20,3 Mrd. US-$ (2009: 25,3 Mrd. US-$). Der Außenhandel nahm um ca. 100 Mrd. US-$ zu. Hauptexportländer Brasiliens waren VR China (30,7 Mrd. US-$), USA (19,3 Mrd. US-$), Argentinien (18,5 Mrd. US-$), Niederlande (10,2 Mrd. US-$) und Deutschland (8,1 Mrd. US-$); die Hauptimportländer waren USA (27, 2 Mrd. US-$), VR China (25, 5 Mrd. US-$), Deutschland (12,5 Mrd. US-$), Frankreich (4,8 Mrd. US-$) und Italien (4,8 Mrd. US-$).
Das Handelsvolumen mit Deutschland erreichte nach brasilianischer Statistik 2010 einen Umfang von 20.6 Mrd. US-$ (ein Plus von über 25% gegenüber 2009 mit 16 Mrd. US-$; 2008: 20,9 Mrd. US-$). Damit lag der Handelsumfang knapp unter dem Rekordergebnis von 2008. Die brasilianischen Exporte nach Deutschland beliefen sich auf einen Wert von 8,13 Mrd. US-$, eine Erhöhung um 31,8% gegenüber 2009. Die Hauptexportprodukte waren Eisenerz, Kaffee, Zivilflugzeuge, Kupfer und Rohöl. Der Import hatte einen Umfang von 12,5 Mrd. US-$, eine Erhöhung um 27,2%. Die Hauptimportgüter aus Deutschland waren Autos, Autoteile und -zubehör, Chemie- und pharmazeutische Produkte sowie Maschinen. Für Deutschland war Brasilien auch 2010 zweitwichtigster Handelspartner auf dem amerikanischen Kontinent hinter den USA.
Für Brasilien weist der bilaterale Handel 2010 damit einen Negativsaldo von 4,4 Mrd. US-$ auf (2009: 3,6 Mrd. US-$).
Wirtschaftspolitik
Die Regierung hat – gemeinsam mit der Zentralbank – ihren Stabilitätskurs konsequent fortgesetzt und dabei das Ziel einer Balance zwischen Wachstum und sozialem Ausgleich nicht aus den Augen verloren. Nachdem sich das Wachstumstempo 2009 erheblich verlangsamt hat (BIP 2009: + 0,1%; BIP 2008: + 5,1%, ), hat die Wirtschaft 2010 mit 7,5% wieder ein deutliches Wachstum zu verzeichnen. Für 2011 und 2012 wird mit einer leicht abgeschwächten Zunahme von jeweils ca. 4,5 % gerechnet.
Ein besonderer Wachstumsschub wird von der WM 2014, den Olympischen Spielen 2016 und der Erschließung der 2008 entdeckten umfangreichen Rohöl- und Erdgasvorkommen an der südöstl. Atlantikküste erwartet. Geplant sind umfangreiche Investitionen privater und öffentlicher Unternehmen für die sportlichen Großereignisse; allein in Rio de Janeiro bis 2014 in Höhe von 88 Mrd. R$ (ca. 35 Mrd. Euro).
Das wichtigste wirtschaftspolitische Maßnahmenpaket istseit Januar 2007 das Programm zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (PAC – Programa de Aceleração do Crescimento) dar. Das Gesamtvolumen der vor allem für Infrastrukturprojekte vorgesehenen PAC-Mittel beträgt über 1,1 Bio. Reais (ca. 380 Mrd. €). Ein Großteil der Investitionen soll durch öffentliche und private Unternehmen erfolgen (Anteil öffentlicher Haushalte und Sozialversicherungen beträgt etwa 14 %). Nach Regierungsangaben wurden bis Ende Dezember 2010 ca. 619 Mrd. R$ der geplanten Investitionssumme ausgegeben und von insges. ca. 1.500 Vorhaben über 94,1% bis Ende Dezember abgeschlossen.
2010 ist der PAC mit einem „PAC2“ verlängert noch einmal kräftig aufgestockt worden: Das Konjunkturprogramm für den Zeitraum 2011-2014 hat seinen Schwerpunkt in den Bereichen Energie, Infrastruktur und sozialem Städtebau. Es sieht ein Ausgabevolumen von 980 Mrd. R$ (ca. 400 Mrd. €) vor, den größten Teil davon im Energiebereich (465 Mrd. R$).
Bei den Aussenwirtschaftsbeziehungen hat die brasilianische Regierung eine Fokussierung auf Afrika erkennen lassen, zu dem historische und kulturelle Verbindungen bestehen. Noch am Ende seiner Amtszeit besuchte Staatspräsident Lula da Silva verschiedene Staaten Afrikas, zuletzt im November 2010 Mosambik (insgesamt 12 Reisen nach Afrika in seiner Amtszeit). Diese Reisen dienten vor allem der von Präsident Lula verfolgten Intensivierung der Süd-Süd-Kooperation, dem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu den afrikanischen Staaten und der Suche nach neuen Investitionsmöglichkeiten für brasilianische Großunternehmen.
Ein besonderer Schwerpunkt der Außenwirtschaftspolitik Brasiliens bleiben der Mercosul und Südamerika insgesamt. Aus dem Netzwerk der Assoziationsabkommen zwischen dem Mercosul und den Mitgliedstaaten der Andengemeinschaft soll langfristig eine ganz Südamerika umfassende Freihandelszone als Kern einer Gemeinschaft südamerikanischer Staaten entstehen.
Die jährlich stattfindenden Deutsch-brasilianischen Wirtschaftstage, das bedeutendste bilaterale Wirtschaftstreffen für Unternehmer aus beiden Ländern sowie die damit verbundene Sitzung der Gemischten Wirtschaftskommission verzeichneten auch 2010 breites Interesse. An dem Treffen in München (30.05.-01.06.2009) nahmen rund 800 Wirtschafts- und Regierungsvertreter sowie die Bundesminister Westerwelle, Brüderle und Ramsauer teil. Die Wirtschaftstage standen unter dem Leitthema „Innovativ-Nachhaltig-Erfolgreich“ und behandelten Themenbereiche wie Infrastruktur-Investitionschancen und FIFA-WM 2014 in Brasilien sowie Energie (Erneuerbare Energien, Energieffizienz, Erdöl/Erdgas).
Die nächsten Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstage werden in Rio de Janeiro vom 18.-20.09.2011 stattfinden.
Hinweis