Staatsaufbau / Innenpolitik

Staatsaufbau / Innenpolitik

Stand: April 2011

Staatsaufbau

Gemäß seiner Verfassung vom 28. Juni 1992 ist Estland eine parlamentarische Demokratie. Grundrechte und Gewaltenteilung sind in der Verfassung verankert. Staatsoberhaupt ist der vom Parlament gewählte Staatspräsident, der repräsentative sowie staatsnotarielle Funktionen ausübt und auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist. Die Regierung unter Leitung des Ministerpräsidenten ist dem Parlament verantwortlich. In der estnischen Verfassung sind für Esten wie Nicht-Esten dieselben Grund- und Freiheitsrechte festgelegt. 

Der gesetzlich geregelte Minderheitenschutz der russischsprachigen Minderheit entspricht europäischem Standard. Der Verwaltungsaufbau ist zweistufig: Unterhalb der Zentralregierung gibt es von der Regierung ernannte Landräte in insgesamt 15 Landkreisen. Die Parlamente der 33 Städte und 193 Gemeinden werden auch unter Beteiligung der aufenthaltsberechtigten (zumeist russischsprachigen) Nicht-Esten gewählt.

Grundlinien der Innenpolitik

Im estnischen Parlament gibt es derzeit vier Parteien. Die Regierung wird von einer Koalition aus Mitte-/Rechts-Parteien (Reformpartei und IRL – Union aus Pro Patria und Res Publica) gebildet. Derzeit ist die 13. Regierung seit Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1991 im Amt. Alle bisherigen Regierungen waren sich im Bemühen um eine offene Marktwirtschaft einig.

Regierung und Opposition

Bei den Wahlen zum Riigikogu, dem estnischen Parlament, am 6. März 2011 erhielt die Reformpartei 28,6 Prozent der Stimmen, die Zentrumspartei 23,2 Prozent, IRL 20,5 Prozent und die Sozialdemokraten 17,1 Prozent. Die Grünen und die Volksunion sind nicht mehr im Parlament vertreten, da sie nur 3,8 Prozent bzw. 2,2 Prozent erzielten. Aus dieser Wahl ist Andrus Ansip von der Reformpartei erneut als Sieger hervorgegangen und hat mit der IRL von Mart Laar/Juhan Parts eine Koalitionsregierung gebildet, die über eine solide Mehrheit von 56 der 101 Sitze im Parlament verfügt (Reformpartei 33 und IRL 23 Sitze).

Die Opposition umfasst die Zentrumspartei (26 Sitze) und die Sozialdemokraten. (19 Sitze).

Am 23. September 2006 wählte die aus den Parlamentsmitgliedern und Vertretern der Gemeinden bestehende Wahlversammlung den Sozialdemokraten Toomas Hendrik Ilves (damals Mitglied des Europäischen Parlaments) zum Staatspräsidenten. Er hat sein Amt am 9. Oktober 2006 angetreten. Die Amtszeit des Staatspräsidenten beträgt fünf Jahre. Wahlen sind für Oktober 2011 vorgesehen.

Russischsprachige Bevölkerung

Mit der Wiedererlangung der estnischen Unabhängigkeit 1991 erhielten diejenigen Einwohner Estlands, die in der Zeit der sowjetischen Besatzung in das Land gekommen waren (gut ein Drittel der damaligen Bevölkerung), das Recht auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Aufenthaltsberechtigte Nicht-Esten haben das aktive Kommunalwahlrecht. Sie können außerdem in einem Naturalisierungsverfahren (Nachweis von Sprachkenntnissen) die estnische Staatsangehörigkeit erlangen.

In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Staatenlosen um ca. 67.000 Personen verringert und ihr Anteil an der estnischen Bevölkerung ist von 12,7 Prozent im Jahre 2002 auf derzeit 7,5 Prozent gesunken, so dass im Januar 2011 hier noch 100.961 Personen mit einem sogenannten Fremdenpass lebten.

Ein staatliches Integrationsprogramm „Integration in die estnische Gesellschaft 2000-2007“ hatte die sprachlich-kommunikative, rechtlich-politische und sozial-ökonomische Integration der Nicht-Esten zum Ziel. Es wird durch das „Nationale Integrationsprogramm 2008 – 2013“ weitergeführt.

Im April 2007 kam es wegen der Verlegung eines sowjetischen Ehrenmals in Tallinn und anderen Städten zu Auseinandersetzungen und gewalttätigen Demonstrationen. Dessen ungeachtet bleibt die Integration der russischsprachigen Bevölkerung ein wichtiges, aber auch schwieriges politisches Thema.

Zu Beginn des Schuljahres 2007/8 wurde in allen russischsprachigen Gymnasien Estlands das Unterrichtsfach „Estnische Literatur“ auf Estnisch eingeführt. Im Herbst 2008 wurde ein weiteres Fach eingeführt, das auf Estnisch unterrichtet wird. Zu Beginn des Schuljahres 2009/10 ist ein drittes obligatorisches Unterrichtsfach dazu gekommen. Russischsprachige Schüler lernen nun in der Schule estnische Literatur, Musik und Sozialkunde in estnischer Sprache. 2011 und 2012 wird je ein weiteres Fach hinzukommen, so dass schließlich 60 Prozent des Unterrichts in den Klassen 10-12 auch an russischsprachigen Schulen auf Estnisch stattfinden soll.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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