Staatsaufbau / Innenpolitik

Staatsaufbau / Innenpolitik

Stand: März 2011

Das Schweizer Staats- und Regierungssystem beruht auf drei konstitutiven Elementen, deren Ineinandergreifen die Besonderheit der schweizerischen Innenpolitik ausmacht:

  • dem ausgeprägt föderalistischen Charakter des Bundesstaates: Gemäß der Verfassung vom 18. April 1999 (in Kraft seit 01.01.2000) besteht die Schweizerische Eidgenossenschaft aus dem „Schweizervolk” und den Kantonen, die souverän sind, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung eingeschränkt ist (20 Voll- und 6 Halbkantone).
  • der Institution des Referendums (Volksentscheid): Nach der Schweizer Verfassung übt der Souverän, das Volk, durch das Institut des Referendums die Kontrolle über praktisch die gesamte Gesetzgebung aus; das Volk kann die von Regierung und Parlament oder durch Volksinitiative vorbereiteten Vorlagen ablehnen oder korrigieren. Für einen Teil der Vorlagen (darunter Verfassungsänderungen, Beitritte zu Organisationen der kollektiven Sicherheit und zu supranationalen Organisationen) schreibt die Bundesverfassung eine Abstimmung vor (obligatorisches Referendum), andere werden dem Volk nur unterbreitet, wenn dies 50.000 Stimmberechtigte oder acht Kantone wünschen (fakultatives Referendum). Für Volksinitiativen, mit denen Verfassungsänderungen angestrebt werden, ist eine Unterschriftensammlung von 100.000 Stimmberechtigten Voraussetzung.
  • den zentralen Institutionen in Bern (die drei “Eidgenössischen Räte”), deren politisch-legislativer Spielraum durch Referendum und Kantonsgewalt erheblich eingeschränkt ist: Bundesrat (Regierung) sowie Nationalrat und Ständerat, die zusammen die Bundesversammlung (Gesamtparlament) bil­den.

Bundesrat

Der Bundesrat (Bundesregierung) ist oberste Exekutivbehörde der Schweiz. Sie besteht aus sieben Bundesräten (Departementchefs, das heißt Ministern) und arbeitet als Kollegialorgan ohne Regierungschef; je einer der Bundesräte wird in jährlichem Turnus Vorsitzender (Bundespräsident), behält zugleich jedoch sein Ressort bei. Die Bundesräte werden alle vier Jahre im Anschluss an die allgemeinen Wahlen von der Bundesversammlung (Nationalrat und Ständerat gemeinsam) gewählt; im Fall von Rücktritten während der Legislaturperiode werden Nachfolger hinzu gewählt.

Der Bundesrat ist nicht im deutschen Sinne parlamentarisch verantwortlich, das heißt von einer Mehrheit im Parlament abhängig. Er regiert weiter, auch wenn das Parlament einzelne Gesetzesvorlagen ablehnen sollte (ein Misstrauensvotum ist nicht bekannt); denn die abschließende Entscheidung über alle wichtigen Schritte von Regierung und Parlament liegt letztlich beim Referendum des Volkes.


Parlament

Das Parlament besteht aus zwei Kammern, Nationalrat (Volksvertretung) und Ständerat (Vertretung der Kantone). Beide tagen nur viermal jährlich jeweils drei Wochen (Sessionen), Abgeordnete üben ihren Zivilberuf aus. Der Nationalrat ist die erste der beiden gesetzgebenden Kammern mit 200 Mitgliedern (Nationalräte); er wird alle vier Jahre in allgemeiner, gleicher und direkter Wahl nach dem Proporzsystem vom Volk gewählt. Der Ständerat ist die zweite Kammer mit 46 Mitgliedern (Ständerat = Vertreter der Kantone, zwei pro Kanton, einer pro Halbkanton), die gleichberechtigt an der Gesetzgebung mitwirkt (das heißt kein Überstimmen der Länder­kammer durch die erste Kammer möglich).

Die Wahlen vom 21. Oktober 2007 und nachfolgende punktuelle Veränderungen haben zu folgender Zusammensetzung des Parlaments geführt:

  • Schweizerische Volkspartei (SVP): Sitze: 58 im Nationalrat, 7 im Ständerat
  • Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP); Sitze: 42 im Nationalrat, 8 im Ständerat
  • Freisinnig-Demokratische Partei (FDP Die Liberalen): Sitze: 35 im Nationalrat (nach erfolgter Fusion mit der Liberalen Partei), 12 im Ständerat
  • Christlich demokratische Volkspartei (CVP): Sitze: 31 im Nationalrat, 14 im Ständerat
  • Grüne Partei der Schweiz (GPS); Sitze: 20 im Nationalrat. 2007 erstmals Einzug in den Ständerat mit zwei Mandaten.
  • Bürgerlich Demokratische Partei (BDP; neue, nach Abspaltung von der SVP entstandene Partei): Sitze: 5 im Nationalrat, 1 im Ständerat
  • Grünliberale Partei (GLP): Sitze: 3 im Nationalrat, 2 im Ständerat
  • Eine Reihe von Kleinparteien wie u.a. die Evangelische Volkspartei (EVP) und die Eidgenössische Demokratische Union (EDU), die je über 1 bis 2 Sitze im Nationalrat verfügen.


Allgemeines zur Innenpolitik

Die schweizerische Regierung wird traditionell als die stabilste demokratische Exekutive der Welt angesehen. Die Grundlage dafür ist das sorgfältig ausbalancierte System von Regelungen, die im Regionalproporz und im Kollegialitätssystem ihre wichtigste Ausprägung finden und die seit 1959 durch die so genannte “Zauberformel” ergänzt werden, nach der im Grundsatz die vier großen Parteien gemeinsam den siebenköpfigen Bundesrat stellen (2003-2008: zwei Freisinnige, FDP, zwei Sozialdemokraten, SP, ein Angehöriger der Christlichen Volkspartei, CVP, und zwei Angehörige der Schweizerischen Volkspartei, SVP. Nach den Wahlen 2003 hatte die SVP als nunmehr stärkste Partei einen zweiten Sitz verlangt und ihn auf Kosten der CVP durchgesetzt).

Derzeit setzt sich der Bundesrat wie folgt zusammen: FDP Die Liberalen 2, SP 2, CVP 1, SVP 1 und BDP 1.

Aus den Parlamentswahlen am 21. Oktober 2007 waren die SVP und die Grünen als Wahlsieger hervorgegangen, während SP und FDP Verluste erlitten. Die CVP konnte ihre Stellung in der Mitte des politischen Spektrums etwas festigen. In der Neuwahl des Bundesrats am 12.12.2007 wurde der amtierende Justizminister der SVP, Christoph Blocher, nicht wiedergewählt. An seiner Stelle wurde die Graubündener SVP-Finanzdirektorin (Finanzministerin) Eveline Widmer-Schlumpf von einer Mitte-Links-Mehrheit der Bundesversammlung gegen den Willen der SVP-Fraktion zu seiner Nachfolgerin bestimmt.

Die SVP hat daraufhin beide SVP-Bundesräte aus der Fraktion ausgeschlossen und angekündigt, in Zukunft Oppositionspolitik zu betreiben. In der Folge kam es zum Parteiausschluss der gesamten Graubündener SVP-Sektion und zur Bildung einer neuen Mittepartei in Abspaltung von der SVP, der BDP, zunächst in den Kantonen Bern, Glarus und Graubünden, später auch auf nationaler Ebene und in anderen Kantonen. Beide SVP-Bundesräte, Samuel Schmid und Eveline Widmer-Schlumpf, traten der BDP bei. Erst seit dem Rücktritt von Bundesrat Schmid im Dezember 2008 und der Wahl des ehemaligen SVP-Parteipräsidenten Ueli Maurer zu seinem Nachfolger ist die SVP wieder mit einem Sitz im Bundesrat vertreten.

Wichtige aktuelle Themen sind weiterhin die zukünftige Richtung der schweizerischen Finanz- und Steuerpolitik, Fragen der Ausländer- und Migrationspolitik, die Rolle der Armee sowie der Europapolitik einschließlich der Positionierung der Schweiz im internationalen Rahmen. Beherrschende Themen waren außerdem die Nachwahlen zum Bundesrat: Nachdem sowohl Bundesrat Merz wie auch Bundesrat Leuenberger ihren Rücktritt zu Ende Oktober 2010 erklärt hatten, wählte die Bundesversammlung Ständerätin Simonetta Sommaruga (SP) und Nationalrat Johann Schneider-Ammann (FDP) zu ihren Nachfolgern. Derzeit bestimmt der Wahlkampf (Bundeswahlen am 23.10.2011) in zunehmendem Maß die innenpolitische Diskussion.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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