Schutz von Homo- Bi-, Trans- und Intersexuellen („LGBT-Rechte“)

Schutz von Homo- Bi-, Trans- und Intersexuellen („LGBT-Rechte“)

Frauen in Uganda
© picture-alliance/dpa

Lesbische Frauen in Uganda

Frauen in Uganda

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Die Bundesregierung wendet sich in den auswärtigen Beziehungen gegen jede Benachteiligung aufgrund von sexueller Orientierung und setzt sich konsequent gegen die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen ein. Die internationale Bezeichnung dieses Personenkreises lautet „Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender Persons“ – abgekürzt LGBT.

Die Menschenrechte schließen das Recht auf freie sexuelle Orientierung ein. Dennoch ist in ca. 80 Ländern Homosexualität strafbar; in Afghanistan, Iran, Jemen, Mauretanien, Saudi-Arabien, Sudan und den Vereinigten Arabischen Emiraten können gleichgeschlechtliche Handlungen sogar auf Basis der Scharia – insofern diese außereheliche geschlechtliche Beziehungen verbietet – mit der Todesstrafe geahndet werden. Der Bundesregierung sind in den vergangenen Jahren aber keine Hinrichtungen aufgrund sexueller Orientierung bekannt geworden.

Nationale Maßnahmen

In Deutschland wurde im Jahre 2001 das Lebenspartnerschaftsgesetz verabschiedet. Nach diesem Gesetz können gleichgeschlechtliche Partner eine rechtlich verbindliche Partnerschaft eingehen, deren Rechtsfolgen weitestgehend der Ehe in bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen nachgebildet sind. Darüber hinaus hat Deutschland im Jahre 2006 zur Umsetzung einer EU-Richtlinie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verabschiedet. Das Gesetz bezweckt unter anderem, die Benachteiligung aufgrund der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Europäische Union

Die EU hat im Juni 2010 einen „Maßnahmenkatalog zur Förderung und zum Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen“ verabschiedet.

Durch diesen Maßnahmenkatalog soll die EU auf Verletzungen von Menschenrechten bei LGBT-Personen in Drittländern reagieren und auf deren strukturelle Ursachen einwirken können. Im Vordergrund stehen Maßnahmen zur Entkriminalisierung der LGBT-Personen, ihrer Gleichstellung und gegen ihre Diskriminierung sowie zum Schutz und zur Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern, die sich für LGBT-Rechte einsetzen.

Der Maßnahmenkatalog wurde verhandelt von der Arbeitsgruppe für Menschenrechte bei der EU (COHOM), die verantwortlich für die Gestaltung der EU-Menschenrechtspolitik in Beziehung zu Drittstaaten ist. Die COHOM beobachtet weltweit kontinuierlich die Entwicklungen im Hinblick auf Menschenrechte. Deutschland setzt sich in einer der COHOM zuarbeitenden LGBT-Taskforce dafür ein, dass der Maßnahmenkatalog in ein den anderen gleichwertiges Instrument umgewandelt wird.

Vereinte Nationen

Eine offene und sachliche Diskussion über Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtidentität ist innerhalb der Vereinten Nationen immer noch stark tabuisiert. Eine Resolution oder sogar ein Abkommen zu dem Bereich ist angesichts der weltweit in vielen Staaten noch vorhandenen Kriminalisierung schwierig zu verhandeln.

Das derzeit weitestgehende Dokument im VN-Rahmen ist eine im Dezember 2008 vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen verlesene Erklärung über die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität im Bezug auf spezifische LGBT-Rechte. Die Erklärung wurde inzwischen von 68 Staaten unterzeichnet. Deutschland gehörte, gemeinsam mit den EU-Partnern, zu den Erstunterzeichnern. Die Erklärung fasst Bestandteile bestehender internationaler Vereinbarungen über Menschenrechte zusammen und formuliert das Ziel des Schutzes vor jeder Diskriminierung, Verfolgung und Gewalt durch Staaten aufgrund von sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität.

Bemerkenswert ist ein offener Umgang mit dem Thema „LGBT-Rechte“ bei einer Abstimmung über eine Resolution zu extralegalen Hinrichtungen in der VN-Generalversammlung vom 10.12.2010. In dem verabschiedeten Resolutionstext ist die „sexuelle Orientierung“ als Diskriminierungsgrund aufgeführt. Dieser Punkt wurde im Laufe des Verfahrens zunächst gestrichen, jedoch auf Initiative der USA sowie der Bundesregierung und der EU-Mitgliedstaaten wieder aufgenommen und blieb schließlich erhalten. Der Verlauf der Debatte gibt zur Hoffnung Anlass, dass auch in den VN die LGBT-Rechte künftig offener thematisiert werden.

Am 23. März 2007 wurden in Yogyakarta/Indonesien von international anerkannten Menschenrechtsexperten die „Yogyakarta-Prinzipien“ vorgestellt. Diese 29 Prinzipien stellen einen globalen Standard für die Sicherung von Menschenrechten für LGBT-Personen dar. Zentrale Anliegen sind die Bekämpfung von Gewalt gegen Homosexuelle und der strafrechtlichen Verfolgung von Homosexualität sowie der Zugang zu Bildung, das Recht auf Familiengründung, die Versammlungsfreiheit und das Asylrecht. Die Bundesregierung betrachtet die Yogyakarta-Prinzipien als einen wichtigen Beitrag der Zivilgesellschaft, der die Debatte zum Thema Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtidentität versachlichen kann. Deutschland setzt sich für die Aufnahme der Yogyakarta-Prinzipien in den EU-LGBT-Maßnahmenkatalog ein.

Europarat

Der Europarat hat im Frühjahr 2010 eine Empfehlung an die Mitgliedsstaaten zur Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität verabschiedet. Die Empfehlung bezieht sich auf die Anwendung bereits bestehender Vorschriften aus internationalen Abkommen, wie der Nicht-Diskriminierungsvorschriften aus der VN-Menschenrechtskonvention. Sie enthält auch einen Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Gesetzgebung in den Mitgliedsstaaten.

Projekte und bilaterale Zusammenarbeit

In der bilateralen Zusammenarbeit hat das Auswärtige Amt bereits einige Projekte zur Verbesserung der Menschrechtssituation von LGBT-Personen gefördert.

In der Türkei wurde 2010 ein Projekt der Menschenrechtsorganisation Human Rights Agenda Association unterstützt, das zur Sensibilisierung der türkischen Öffentlichkeit, aber auch der türkischen Exekutive, Justiz und Gesetzgebung im Bereich Homophobie und Intoleranz beiträgt. In den vergangenen Jahren sind über 30 Homosexuelle und Transsexuelle Opfer von „Hassmorden“ geworden. Diese Verbrechen wurden in der türkischen Öffentlichkeit nicht breit thematisiert. Das Projekt hat, u.a. durch zwei Konferenzen, einen wichtigen Beitrag zur Bewusstseinsbildung und zur Vorbeugung von Homophobie geleistet.

In Nigeria fördern wir ein Projekt der deutschen Hirschfeld-Eddy-Stiftung in Zusammenarbeit mit der nigerianischen Nichtregierungsorganisation House of Rainbow, die Aufklärungs- und Akzeptanzarbeit für sexuelle Minderheiten in Nigeria betreibt. Ihr Ziel ist es, die Selbstakzeptanz Homosexueller, ihr Selbstbewusstsein und damit die Handlungskompetenz von sexuellen Minderheiten in der Zivilgesellschaft zu fördern. Darüber hinaus unterstützt sie Menschenrechtsverteidiger, die sich gegen die allgemeine Diskriminierung einsetzen und den Menschenrechtsschutz insgesamt stärken.

In Serbien fördern wir ein Filmprojekt, das die Angriffe auf sog. „gay prides“ (Demonstrationen für Rechte von LGBT-Personen) thematisiert. Es soll die Öffentlichkeit auf breiter Ebene mit dem Thema der Homophobie konfrontieren und die Toleranz für Homosexuelle verbessern. Der Film wird in Serbien, Montenegro und Kroatien gedreht und startet mit dem blutigen Ausgang der ersten Gay Parade in Belgrad 2001. In einer Mischung aus Fiktion und Realität geht es um eine Freundschaft von zwei Menschen aus zwei unterschiedlichen Gruppen, die dazu führt, dass auch festgefahrene Vorurteile überwunden werden. Der Film soll auf der Berlinale 2011 vorgestellt werden.

Am 27. November 2010 hat der Beauftragte für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Markus Löning, sechs afrikanische LGBT-Aktivisten aus Subsahara-Staaten im Auswärtigen Amt empfangen, die an einer von der Hirschfeld-Eddy-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung organisierten Informationsreise über die positive Entwicklung der LGBT-Rechte in Deutschland teilnahmen. Die Reise war ein wichtiger Schritt zur Netzwerkbildung für die LGBT-Bewegung in Afrika. Die Gäste informierten den Beauftragten über umfangreiche Menschenrechtsverletzungen an LGBT-Personen in afrikanischen Staaten, darunter Folter und Mord, Kriminialisierung von LGBT-Personen und Hetze durch Kirchenvertreter. Herr Löning versicherte, dass die Bundesregierung gegenüber den Regierungen immer wieder deutlich anspricht, dass sie keinerlei Menschenrechtsverletzungen akzpetiert, dass insbesondere Homosexuelle vor Übergriffen und Diskriminierung geschützt werden müssen und die weltweiter Abschaffung der Strafbarkeit von Homosexualität ein zentrales menschenrechtspolitisches Anliegen der Bundesregierung ist.

Intersexuelle

In der jüngeren Zeit wird die Gruppe von intersexuellen Menschen in Ergänzung zu den oben genannten LGBT einbezogen, unter anderem werden sie in dem oben beschriebenen LGBT Maßnahmenkatalog der EU erwähnt. Unter Intersexualität oder Zwischengeschlechtlichkeit versteht man viele unterschiedliche Phänomene nicht eindeutiger Geschlechtszugehörigkeit mit jeweils verschiedenen – z.B. chromosomalen und zellulären – Ursachen. In der Bundesrepublik leben etwa 80.000 bis 120.000 medizinisch mit dem Begriff intersexuell bezeichnete Menschen. In einem von Betroffenen geschriebenen so genannten Schattenbericht zum deutschen (Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau) von Februar 2009 wird die Situation der Betroffenen geschildert. Der CEDAW-Ausschuss hat Deutschland aufgefordert, in einem Dialog mit Nichtregierungsorganisationen von intersexuellen und transsexuellen Menschen einzutreten, um ein besseres Verständnis für deren Anliegen zu erlangen und wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer Menschenwürde zu ergreifen. Die Bundesregierung hat hieraufhin den Deutschen Ethikrat beauftragt, eine Stellungnahme zur Situation von intersexuellen Menschen vorzulegen.


Stand 02.02.2011

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