Israelisch-palästinensischer Konflikt

Israelisch-palästinensischer Konflikt

Grenzmauer

Grenzmauer

Worum geht es?

Im Zentrum der verschiedenen Konfliktfelder im Nahen Osten steht der ungelöste Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Im Kern geht es um territoriale Ansprüche auf das Gebiet zwischen Jordan und Mittelmeer. Der am 14. Mai 1948 gegründete Staat Israel erstreckt sich auf 78 Prozent dieses Gebietes; die Palästinenser ihrerseits streben einen unabhängigen palästinensischen Staat in den während des Sechs-Tage-Kriegs 1967 von Israel besetzten Gebieten an (Westjordanland inklusive Ost-Jerusalem sowie dem Gazastreifen). Umstritten bleiben die sogenannten Endstatusfragen: der Grenzverlauf, der Status Jerusalems, die Zukunft der israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten, das von den Palästinensern beanspruchte Recht auf Rückkehr der Flüchtlinge sowie die Verteilung der knappen Wasserressourcen (die so genannten Endstatusfragen).

Das Verhältnis zwischen Israel und vielen arabischen Staaten ist angespannt: Diplomatische Beziehungen bestehen nur mit Ägypten und Jordanien (Friedensschlüsse in den Jahren 1979 bzw. 1994). Zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten Libanon und Syrien herrscht formal weiter Kriegszustand.

Die deutsche Nahostpolitik ist eingebettet in die europäische Politik für die Region. Bedingt durch seine Geschichte trägt Deutschland eine besondere Verantwortung für die Sicherheit des Staates Israel. Gleichzeitig erkennt Deutschland das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat an. Eine nachhaltige Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts ist nach Überzeugung Deutschlands und seiner Partner nur durch Verhandlungen zu erreichen, die zu einer Zwei-Staaten-Lösung führen: Einem Staat Israel und einem unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben. 

Langfristiges Ziel Deutschlands ist nicht nur eine Verhandlungslösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt, sonder eine umfassende israelisch-arabische Friedenslösung, die auch die anderen Konfliktfelder im Nahen Osten einbezieht: Die ungelösten Konflikte zwischen Israel und Syrien und Israel und dem Libanon.


Israelisch-Palästinensische Verhandlungen

Am 2. September 2010 haben Israelis und Palästinenser unter US-Vermittlung erstmals seit fast zwei Jahren wieder direkte Verhandlungen aufgenommen. Vereinbart wurde, alle zwei Wochen zu vertraulichen Verhandlungen über alle Endstatusfragen zusammenzukommen und die Verhandlungen innerhalb eines Jahres zum Abschluss zu bringen. Deutschland hatte sich gemeinsam mit seinen europäischen Partnern und im Rahmen des Nahost-Quartetts (Europäische Union, USA, Vereinte Nationen, Russland) intensiv um die Wiederaufnahme direkter Verhandlungen bemüht.

Derzeit liegen diese Verhandlungen auf Eis. Knackpunkt ist der israelische Siedlungsbau in den besetzten palästinensischen Gebieten. Die israelische Regierung hatte im November 2009 ein zehnmonatiges Moratorium für Siedlungsbauaktivitäten im Westjordanland verkündet. Es lief am 26. September 2010 aus. Die palästinensische Seite wiederum hat eine Verlängerung des Moratoriums zur Bedingung für eine Fortsetzung der direkten Verhandlungen gemacht.

Den jüngsten Verhandlungen gingen seit 1991 zahlreiche Verhandlungsrunden und –anläufe voraus. Einige dieser Verhandlungen haben zu Fortschritten in Teilbereichen geführt. Der Durchbruch – ein umfassenden Friedensabkommen – gelang jedoch nie.


„Friedensfahrplan für Nahost“: Die Roadmap

Wichtige Bezugsgrundlage für alle Bemühungen um eine umfassende Friedensgrundlage ist die sogenannte „Roadmap“: Unter der Ägide des Nahost-Quartetts (Europäische Union, USA, Vereinte Nationen, Russland) wurde im Jahr 2003 ein Friedensfahrplan für Israelis und Palästinenser entwickelt, die „Roadmap“. Das Dokument baut auf deutschen und europäischen Vorarbeiten auf. Ziel ist die Verwirklichung einer Zwei-Staaten-Lösung: Israel und ein unabhängiger demokratischer und lebensfähiger palästinensischer Staat, die Seite an Seite in sicheren und anerkannten Grenzen leben. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen billigte die Roadmap am 19. November 2003 und rief die Konfliktparteien dazu auf, den Verpflichtungen nachzukommen, die in der Roadmap niedergelegt sind. Die Roadmap wurde bis heute nicht umgesetzt. Trotzdem ist sie weiterhin ein wichtiges Bezugsdokument für die Konfliktparteien und die internationale Gemeinschaft.


Arabische Friedensinitiative

Auf einer Initiative des damaligen saudischen Kronprinzen Abdallah aufbauend verabschiedete der Gipfel der Arabischen Liga in Beirut am 27./ 28. März 2002 die “Arabische Friedensinitiative“. Anknüpfend an die Nahost-Konferenz von Annapolis bekräftigten die Staaten der Arabischen Liga im Jahr 2007 ihr Festhalten an der Initiative.

Die Arabische Friedensinitiative umfasst ein Angebot aller Mitgliedstaaten der Arabischen Liga an Israel, ihre Beziehungen zu normalisieren. Im Gegenzug verlangt die Arabische Liga von Israel, sich auf die Grenzen zurückzuziehen, die es vor Ausbruch des Sechs-Tage-Krieges 1967 hatte. Für das Flüchtlingsproblem soll eine einvernehmliche Lösung gefunden werden.


Was tut die Europäische Union, um den Friedensprozess zu unterstützen?

Die Europäische Union bemüht sich seit Jahren um eine Friedenslösung im Nahen Osten. Als Mitglied des Nahost-Quartetts hat sie sich besonders in den letzten Jahren zu einem wichtigen Akteur entwickelt. Aufgrund ihrer Erfahrungen und Kompetenzen engagiert sich die EU – neben substantieller finanzieller Unterstützung – besonders beim Aufbau palästinensischer staatlicher Strukturen. Sie leistet aber auch wertvolle Hilfe, um die Region als Ganzes bei den nötigen Strukturanpassungen zu unterstützen – etwa in den Bereichen Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt.

Nachdem das Nahost-Quartett über mehrere Jahre kaum in Erscheinung getreten war, konnte Deutschland während seiner EU-Präsidentschaft 2007 das Gremium wiederbeleben und stärken. Das Quartett kommt seitdem regelmäßig zusammen, sowohl auf Ministerebene als auch vertreten durch hochrangige Beamte, und leistet einen wichtigen Beitrag zum Friedensprozess.

Im Oktober 2007 ergriff Deutschland die Initiative zur Verabschiedung einer “EU-Aktionsstrategie” für den Nahen Osten, welche die Bemühungen von Israelis und Palästinensern um eine Friedenslösung flankieren soll. Die EU-Aktionsstrategie wurde im November 2007 von den EU-Außenministern verabschiedet und bildet die Grundlage der gemeinsamen EU-Nahostpolitik.

Als Reaktion auf den Gaza-Konflikt um den Jahreswechsel 2008/2009 verständigte sich die EU auf Grundlage eines deutschen Vorschlags auf einen “Arbeitsplan” zu Gaza. Dieser Arbeitsplan umfasste sechs Punkte: sofortige humanitäre Hilfe, Verhinderung des illegalen Waffen- und Munitionshandels, dauerhafte Wiederöffnung der Grenzübergänge, Instandsetzung und Wiederaufbau, inner-palästinensische Versöhnung sowie Wiederaufnahme des Friedensprozesses – und definierte die jeweils erforderlichen nächsten Schritte zur Bewältigung der politischen, humanitären und wirtschaftlichen Folgen des Gaza-Konfliktes.

In den letzten Monaten bemüht sich die Europäische Union gemeinsam mit den USA und den anderen Partnern des Nahost-Quartetts intensiv um eine Fortsetzung direkter Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern. Daneben bemüht sich die Europäische Union um eine Verbesserung der Versorgungslage im Gazastreifen und setzt sich für eine Öffnung der Übergänge nach Gaza ein.


Bilaterales deutsches Engagement

Auch bilateral leistet Deutschland seinen Beitrag zur Unterstützung einer Friedenslösung. Die Bundesregierung führt zahlreiche politische Gespräche mit Vertretern der israelischen Regierung und der palästinensischen Behörde. Der Nahe Osten ist eine der Regionen, die der Bundesaußenminister und die Bundeskanzlerin am häufigsten besuchen.

Deutschland trägt als einer der größten bilateralen Geber zum Aufbau von Infrastruktur, zur Verbesserung der Bildung, zu Beschäftigungsprogrammen und zum Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaft in den palästinensischen Gebieten bei. Bei der internationalen Geberkonferenz für die palästinensischen Gebiete in Paris im Dezember 2007 sagte die Bundesregierung bis zum Jahr 2010 Unterstützung in Höhe von 200 Millionen Euro zu. Auf dem Gebertreffen für den Gazastreifen im März 2009 stellte die Bundesregierung 150 Millionen Euro bereit.

Im Mai 2010 wurde in Berlin der Deutsch-Palästinensische Lenkungsausschuss ins Leben gerufen. Unter Leitung von Bundesaußenminister Guido Westerwelle und Ministerpräsident Salam Fayyad berieten die Innen-, Wirtschafts-, Entwicklungs- und Bildungsminister beider Seiten über Möglichkeiten zur weiteren Vertiefung der Zusammenarbeit. Mit der Gründung des Lenkungsausschusses setzte die Bundesregierung ein politisches Signal der Unterstützung für die Bemühungen der palästinensischen Regierung um den Aufbau staatlicher Strukturen.

Ein Schwerpunkt des deutschen Engagements liegt in der Unterstützung des Aufbaus palästinensischer Sicherheitskräfte. Sie sind unverzichtbare Voraussetzung für einen funktionsfähigen palästinensischen Staat. Zu diesem Zweck lud Deutschland am 24. Juni 2008 zu einer internationalen Konferenz nach Berlin ein, als deren Ergebnis die internationale Gemeinschaft für die kommenden Jahre 242 Millionen US-Dollar für den Aufbau eines funktionierenden Polizei- und Justizsystems in Palästina zur Verfügung stellte.

Deutschland bemüht sich aber auch, die Lebensbedingungen der Menschen in den palästinensischen Gebieten durch rasch greifende Hilfe zu verbessern. Hierzu riefen Deutschland und die palästinensische Autonomiebehörde im Januar 2008 eine gemeinsame Initiative ins Leben: “Zukunft für Palästina”. Der Kerngedanke ist ein politischer: Die Initiative will sich nicht mit dem Inaussichtstellen einer Friedensdividende am Ende des Friedensprozesses begnügen, sondern den Nutzen des schwierigen Verhandlungsweges für die Bevölkerung bereits parallel zum politischen Prozess sichtbar machen.

Ein weiterer Schwerpunkt des deutschen Engagements liegt auf Gaza: Hier bemüht sich die Bundesregierung um eine Verbesserung der Versorgungslage und der Infrastruktur, v.a. bei Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Daneben setzt sie sich intensiv für die Ermöglichung von Ausfuhren aus dem Gazastreifen ein, um eine Erholung der dortigen Wirtschaft zu ermöglichen.

Stand 02.12.2010

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