Innenpolitik

Innenpolitik

Stand: April 2011

Verfassung

Seit 1. Juli 1997 ist Hongkong eine Sonderverwaltungsregion (SVR) der Volksrepublik China. Die SVR untersteht gemäß Art. 31 der chinesischen Verfassung direkt der Zentralregierung in Peking, genießt aber einen hohen Grad an Autonomie in allen Angelegenheiten außer Außen- und Verteidigungspolitik. Das Basic Law, Hongkongs Verfassung, räumt der SVR weitgehende exekutive, legislative und judikative Unabhängigkeit ein. Hongkong hat seine eigene Währung, ist eigenständiges Mitglied in einer Reihe von internationalen Organisationen und entscheidet selbst über seine Ein- und Ausreisepolitik. Diese besondere Konstruktion folgt dem Prinzip “Ein Land – Zwei Systeme”.

Das Regierungssystem Hongkongs ist teil-demokratisch und man kann nur bedingt von einer Gewaltenteilung sprechen. Die Gerichtsbarkeit ist unabhängig. Der Regierungschef (“Chief Executive”) ist die zentrale Figur im politischen System und hat umfangreiche exekutive Machtbefugnisse. Er wird von einem 800-köpfigen Wahlausschuss gewählt und von der chinesischen Zentralregierung ernannt. Der Exekutivrat (quasi Kabinett), dessen Mitglieder vom Regierungschef ernannt werden, hat eine weitgehend beratende Funktion. Der Legislativrat (quasi Parlament) verfügt über nur begrenzte Kompetenzen. Die Regierung geht nicht aus dem Legislativrat hervor und benötigt dort über keine Mehrheit. 

Eine parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Legislativrat besteht ebensowenig. Gleichwohl bildet er ein von der Regierung ernst genommenes Gegengewicht. Seine 60 Mitglieder werden nach einem teil-demokratischen Verfahren gewählt (30 Kandidaten direkt in Wahlkreisen, 30 durch Berufsverbände). 

Das Basic Law sieht eine schrittweise Demokratisierung mit dem Ziel der Wahl aller Abgeordneten und des Regierungschefs durch die Bevölkerung vor. Laut Entscheid des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses in Peking ist die Einführung der allgemeinen Wahl für den Chief Executive vor 2017 und für den Legislative Council vor 2020 nicht möglich.

Innenpolitische Lage

Nach den bereits im November 2009 Jahres vorgestellten Plänen der Regierung für die Wahlrechtsreform vor den 2012 anstehenden Wahlen des Regierungschefs und zum Legislativrat sollte das für die Wahl des Re­gierungschefs zuständige Wahlkomitee von 800 auf 1200 Personen verstärkt werden, für die Wahl des Parlaments sollte die Zahl der Abgeordneten von 60 auf 70 erhöht werden, wobei an den „functional constituencies“ (Ständevertretungen) jedoch vorläufig festgehal­ten werden sollte. Da diese Vorschläge für die Wahl 2012 an den als undemokratisch emp­fundenen „functional constituencies“ festhielten und außerdem kein Zeitplan für die Ein­führung echter demokratischer Wahlen für die Termine 2017 und 2020 vorgesehen war, stießen die Vorschläge der Regierung zunächst auf heftigen Widerstand des gesamten demokratischen Lagers. Auch wenn fünf Abgeordnete aus zwei demokratischen Parteien durch ihren Rücktritt am 27. Januar 2010 Nachwahlen erzwangen, die am 16. Mai 2010 mit ihrer Bestätigung und damit auch der Bestätigung ihrer ablehnenden Haltung gegen­über den Regierungsvorschlägen endeten, kam doch danach Bewegung in die festgefah­renen Standpunkte: nach zähen Verhandlungen, wurde ein Kompromiss für die Wahlen der Vertreter „functional constituencies“ gefunden, der die Wahl dieser Ständevertreter aus den Reihen der im Jahr 2011 zu wählenden Distrikträte und damit eine indirekte Wahl dieser „Parlamentarier“ durch drei Viertel der Wahlberechtigten Hongkonger vorsieht. Diesem Kompromiss konnten sich Teile des demokratischen Lagers, insbesondere die Democratic Party mehrheitlich anschließen. Der Legislative Council verabschiedete daher die Wahlmodi für den Legislative Council ebenso wie für den Regierungschef für 2012 mit der notwendigen 2/3 Mehrheit am 23. Juni 2010.

Regierungs- und Verwaltungsorgane

Höchster Repräsentant der SVR im Rahmen der ihr gewährten Autonomie ist der Regierungschef (“Chief Executive”). Er hat weit reichende exekutive Machtbefugnisse; fünfjährige Amtszeit mit einmaliger Wiederwahl.

Die Regierung besteht aus drei Großministerien (“Departments”) für Verwaltung, Finanzen und Justiz (an ihrer Spitze Chief Secretary for Administration, Financial Secretary und Secretary for Justice). Sie stehen protokollarisch höher als die Chefs der Fachministerien (“Bureaux”), die von einem “Secretary” im Ministerrang geleitet werden. Den Ministern unterstehen Staatssekretäre (“Permanent Secretaries”), die die höchsten Beamten ihrer Fachressorts sind.

Der Exekutivrat (“Executive Council”) hat beratende Funktion. Vorsitz durch Regierungschef. Mitglieder des Exekutivrats sind nach der Kabinettsreform vom 1. Juli 2002 die vierzehn Minister kraft Amtes sowie 15 vom Regierungschef berufene Mitglieder.

Der Legislativrat (“Legislative Council”) ist das Gesetzgebungsorgan mit Vetorecht für vom Regierungschef erlassene Verordnungen. Zu seinen Aufgaben gehört die Beratung und Zustimmung zu dem von der Regierung eingebrachten Haushalt. Er darf selbst keine ausgabenrelevanten Gesetze initiieren, kann diese aber genauso wie den Haushalt der Regierung blockieren. Er kann jede Regierungstätigkeit zum Gegenstand der Erörterung machen.

Hongkong hat eine von China unabhängige, dreistufige Gerichtsbarkeit mit einer eigenen höchstrichterlichen Instanz (Court of Final Appeal). Das grundlegende Gesetz Hongkongs ist das vom chinesischen Nationalen Volkskongress (NVK) erlassene “Basic Law”, das für Hongkong Verfassungscharakter hat. Es kann in bestimmten Fällen von Hongkonger Gerichten ausgelegt und im übrigen nur vom NVK interpretiert und geändert werden. Hongkong behält sein bisheriges “Common-Law”-Rechtssystem bei; Gerichtsentscheidungen aus anderen Ländern des Common-Law-Kreises finden weiterhin Eingang in das Hongkonger Recht. Daneben werden noch einige im Basic Law spezifizierte chinesische Gesetze in Hongkong angewendet (Nationalhymne, Nationalfeiertag u.ä.).

Soziokulturelle Struktur und Menschenrechtslage

Altersaufbau: Lebenserwartung der Männer beträgt 80 Jahre, der Frauen 85 Jahre. Nach neuesten Statistiken die höchste Lebenserwartung der Welt für Männer und Frauen. Bevölkerungswachstum von 0,966 Prozent (Stand: 2005) nur durch beachtliche Immigration: täglich 100-120 legale Zuwanderer aus Festlandchina. Daneben weiterhin illegale Zuwanderung zum Zweck der Arbeitsaufnahme.

Es gibt circa 345.000 Ausländer in Hongkong. Die größten Ausländeranteile, circa 142.000 Filipinas und circa 50.000 Indonesierinnen, sind insbesondere als Haushaltskräfte tätig.

Christliche Kirchen und andere Religionsgemeinschaften können sich uneingeschränkt betätigen. Der Religion kommt jedoch eine eher untergeordnete Bedeutung zu. Buddhistische, taoistische und konfuzianische Traditionen und Riten werden aber beachtet (insbesondere Ahnenverehrung). Große Bedeutung kommt hingegen der Geomantik (feng shui) und der Zahlenmystik zu. Die Falun-Gong-Bewegung hat in Hongkong circa 1.000 Anhänger.

Die menschenrechtliche Situation ist gut. Alle Bürgerrechte sind garantiert und verwirklicht. Es herrscht Meinungs-, Religions-, Demonstrations- und Pressefreiheit. Allerdings fällt bei Peking-kritischen Themen (zum Beispiel Tibet) eine deutliche Selbstzensur der Presse auf.

Frauen sind grundsätzlich gleichberechtigt, jedoch besteht das im Wesentlichen von der konfuzianischen Ethik geprägte traditionelle Frauenbild fort. Der Anteil von Frauen in führenden Positionen (Politik, Administration) und anspruchsvollen Berufen ist vergleichsweise hoch. 1996 wurde die so genannte Equal Opportunities Commission eingerichtet. Die von der Regierung eingesetzte Women’s Commission bekämpft Vorurteile gegenüber Frauen und fördert Unterstützungsmaßnahmen für Belange von Frauen.

Seit der Gründung der Independent Commission Against Corruption im Jahre 1974 ist Hongkong weitgehend korruptionsfrei. Die Kriminalitätsrate (Kleinkriminalität) ist vergleichsweise gering. Problematisch ist der Einfluss der organisierten Kriminalität, die in so genannten Triaden auftritt.

In Hongkong gelten die Konventionen über bürgerliche und politische Rechte sowie über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte nach dem Souveränitätsübergang an die VR China weiter. Gleiches gilt für andere internationale Menschenrechtsübereinkommen, die zur britischen Kolonialzeit vor dem 01.07.1997 auf Hongkong bereits Anwendung fanden und denen die VR China noch nicht als Vertragspartner beigetreten ist.

Am 06.08.2006 wurde vom Legislativrat ein Überwachungsgesetz angenommen, das der Regierung unter bestimmten Voraussetzungen verdeckte Abhör- und Überwachungsmaßnahmen erlaubt. Die Verabschiedung eines Gesetzes gegen rassische Diskriminierung zur Ausfüllung der Verpflichtung aus dem internationalen Antirassismus-Abkommen ist in Vorbereitung. Der Beitritt zum Protokoll über Kinderhandel, -prostitution und –pornographie wird ebenfalls angestrebt.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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