Innenpolitik

Innenpolitik

Stand: März 2011

Staatsaufbau

Nicaragua ist traditionell ein Zentralstaat. Die 15 Provinzen (Departamentos) sind reine Verwaltungseinheiten. Nur die beiden autonomen Atlantikgebiete haben aufgrund ihrer historischen und ethnischen Besonderheit nach der Verfassung ein Eigengewicht (Autonomierat als Legislative und Gouverneur als Exekutive).

Nicaragua ist eine Präsidialdemokratie mit Ein-Kammer-Parlament (Nationalversammlung). In der Verfassung sind die Prinzipien der Volkssouveränität, der Gewaltenteilung sowie der Gemeindeautonomie verankert. Eine Besonderheit ist dabei die Stellung des Obersten Wahlrats als vierte, unabhängige Verfassungsgewalt. Die Verfassungsrealität ist jedoch durch historisch bedingte Demokratie-Defizite der beiden großen Parteien (PLC und FSLN), anhaltende politische Polarisierung, traditionelle Familien- und Freundschaftsbande und ein oft nicht unabhängiges Justizwesen gekennzeichnet.

Die Verfassungsentwicklung Nicaraguas wurde seit den Dreißiger Jahren bis zur Sandinistischen Revolution von 1979 durch die kaum verhüllte Diktatur der rechten Somoza-Dynastie geprägt. Von 1979 bis 1990 entwickelte sich Nicaragua unter den Sandinisten dann zu einem Staat, in dem wiederum nur eine Partei, die FSLN, eine hegemoniale Rolle spielte. Staat und Partei wurden miteinander vermischt, Polizei und Armee nannten sich sandinistisch.

Seit Anfang 1990, mit dem Regierungsantritt der frei gewählten Regierung unter Violeta de Chamorro, wurden diese Organe, die bis dahin parteilich ausgerichtet waren, zunehmend zu normalen Organen der Staatsgewalt.

Durch Verfassungsänderungen in den Jahren 1995, 2000 und 2005 wurde die Vorherrschaft der beiden großen Parteien PLC und FSLN in den staatlichen Institutionen weiter gefestigt. Seit seiner Wiederwahl 2007 treibt Präsident Ortega von der FSLN den Aufbau von – gegen den Willen der Parlamentsmehrheit als Hilfsorgane der Exekutive geschaffenen – demokratisch nicht legitimierte „Volksräte“ (Consejos del Poder Ciudadano) voran. Diese sind inzwischen landesweit bis auf Kommunalebene präsent. Oppositionsgruppen kritisieren, die CPCs führten zu einer erneuten Vermischung von Partei (FSLN) und Staat.


Aktuelle innenpolitische Entwicklung

Das umstrittene Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 19.10.2009, das Präsident Ortega – entgegen den Bestimmungen der Verfassung – die Wiederwahl erlaubt, das Präsidialdekret vom 08.01.2010, das die Amtszeit der obersten Richter und der Mitglieder des Obersten Wahlrats ohne Kontrolle des Parlaments verlängert sowie die Übernahme der Kontrolle des Obersten Gerichts durch die Sandinisten im September 2010, rufen Besorgnis hervor. . Hinzu kommt die Manipulation der Ergebnisse der Regionalwahlen in den Autonomieregionen der Atlantikküste vom 07.03.2010.Bereits bei den Kommunalwahlen vom 9. November 2008 war es nach Einschätzung unabhängiger Beobachter zu massiven Unregelmäßigkeiten gekommen. Oppositionsparteien sprechen von Wahlbetrug. Unabhängige Wahlbeobachter waren vom Obersten Wahlrat (CSE) nicht akkreditiert worden. Vertreter von Kirchen, Nichtregierungsorganisationen sowie die USA, die EU und die anderen Geberstaaten riefen die Regierung und den Obersten Wahlrat auf, die Vorwürfe in transparenter Weise aufzuklären. Die Regierung wies die Forderungen zurück.


Menschenrechte

Sämtliche Regierungen seit 1990 bekennen sich uneingeschränkt zu den Menschenrechten. Nicaragua ist Mitglied der wichtigsten internationalen Menschenrechtspakte und im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen. Systematische Verhaftungen, Verschwindenlassen von Personen, Folter oder unmenschliche Behandlung sind nicht bekannt geworden. Die Todesstrafe sieht die nicaraguanische Strafgesetzgebung nicht vor. Meinungs- und Pressefreiheit sind gegeben, allerdings stehen regierungskritische Medien zunehmend unter Druck. Gleiches gilt für Menschenrechtsorganisationen.

Im November 2006 trat ein Gesetz in Kraft, das die Schwangerschaftsunterbrechung auch bei medizinischer Indikation unter Strafe stellt. Dies hat zahlreiche nationale und internationale Proteste hervorgerufen.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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