Innenpolitik

Innenpolitik

Stand: Februar 2011

Verfassung und Staatsaufbau

Honduras ist nach der Verfassung von 1982 ein demokratischer Rechtsstaat. Die Gewaltenteilung bildet dabei den Kern des Selbstverständnisses des Staates. Die Amtszeit des direkt vom Volk gewählten Präsidenten beträgt vier Jahre ohne Möglichkeit der Wiederwahl. Der Einkammer-Nationalkongress setzt sich aus insgesamt 128 Abgeordneten der beiden großen traditionellen Parteien (Partido Liberal -PL- und Partido Nacional – PN -) sowie der kleinen Parteien Unificación Democrática – UD , Partido Demócrata Cristiano de Honduras , und Inovación y Unidad zusammen. Dazu kommt der irregulär geschaffene Sitz für Roberto Micheletti Baín, der das Staatsstreichregime von 2009 sieben Monate führte (Kongressabgeordneter durch Ernennung, nicht durch Wahl).

Dem Obersten Gerichtshof gehören fünfzehn auf sieben Jahre (zuletzt im Februar 2009) gewählte Richter an. Jüngere institutionelle Reformen haben einen Nationalen Rechnungshof und ein Oberstes Wahlgericht (TSE) geschaffen. 

Nach dem Ende der Militärdiktaturen 1981/82 sind Staatspräsidenten und Parlamente in Honduras 27 Jahre lang aus freien und demokratischen Wahlen hervorgegangen. Die beiden Oberschichtparteien PL und PN, die sich in ihrer ideologischen Praxis kaum voneinander unterscheiden, haben sich in dieser Zeit in der Regierungsverantwortung regelmäßig abgelöst. Damit durchlebte das Land eine seit seiner Unabhängigkeit selten lange Periode politischer Kontinuität, aber gleichzeitig der Zuspitzung der gesellschaftlichen Gegensätze.

Unterbrochen wurde dies jedoch durch den zivilmilitärischen Staatsstreich vom 28. Juni 2009, durch den der damalige Präsident Zelaya abgesetzt, verhaftet und gegen seinen Willen außer Landes verbracht wurde und für 7 Monate lang Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung waren. Die Bundesregierung betrachtete gemeinsam mit der internationalen Staatengemeinschaft die Ernennung des Parlamentspräsidenten Micheletti als Interims-Nachfolger als unrechtmäßig und erkannte Zelaya weiterhin als amtierenden Präsidenten von Honduras an. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen wie auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) verabschiedeten Resolutionen in diesem Sinne. Die OAS hat bald nach dem Staatsstreich die Mitgliedschaft von Honduras suspendiert, woran sich bis heute (Mitte Februar 2011) noch nichts geändert hat.

Aktuelle Lage und Entwicklungstendenzen

Bei den Präsidentschaftswahlen, die am 29. November 2009 stattfanden, wurde Porfirio Lobo Sosa von der Nationalen Partei (Partido Nacional) gewählt. Sein Amt trat er am 27. Januar 2010 an. In seiner Antrittsrede versicherte er, die nationale Aussöhnung voranzutreiben und eine Wahrheitskommission einzurichten, die untersuchen soll, was zum Staatsstreich geführt hat, was danach geschah, und wie man eine Wiederholung verhindern könne. Außerdem prangerte er die gesellschaftliche Ungleichheit in Honduras an und kündigte an, entschieden gegen Korruption und Kriminalität vorzugehen, ein gutes Investitionsklima zu schaffen und die Beziehungen zur internationalen Gemeinschaft zu verbessern, die durch den Staatsstreich erheblich beeinträchtigt worden waren.

Menschenrechte

Die Lage der Menschenrechte in Honduras hat sich nach der Konsolidierung des Friedensprozesses in Zentralamerika (Guatemala, El Salvador und Nicaragua) und der Etablierung demokratischer Regierungen im Vergleich zu den dunklen Jahren der Militärdiktatur verbessert. Die damals von Militär und Polizei begangenen Morde, das Verschwindenlassen und andere Menschenrechtsverletzungen haben seither deutlich abgenommen.Dennoch klagen die honduranischen Menschenrechtsorganisationen darüber, dass die Menschenrechte weiterhin verletzt werden und gegen die Täter nicht vorgegangen wird. Nach dem Staatsstreich von 2009 nahmen die Menschenrechtsverletzungen schlagartig zu: Politische Morde an Regimegegnern, Folter, Vergewaltigungen. Während des Micheletti-Regimes wurden bis zu 5.000 Menschenrechtsverletzungen angezeigt, aber nur wenige von den Staatsanwaltschaften angenommen. In einem einzigen Falle ist es bisher zu einem Prozess gekommen, der aber auf der Stelle tritt.

Im Verlauf des Jahre 2010 wurden über 1600 weitere Menschenrechtsverletzungen, darunter drei Dutzend Morde an Pressevertretern und Mitgliedern der sogenannten „resistencia“ gegen das Micheletti-Regime (die „resistencia“ hat sich nicht aufgelöst) registriert. Präsident Lobo Sosa hat mehrfach angedeutet, dass die Täter aus unbelehrbaren paramilitärischen Kreisen stammen könnten.

Klagen über Menschenrechtsverletzungen werden nicht nur gegen staatliche Organe, sondern auch gegen Unternehmer erhoben, insbesondere aus der lohnverarbeitenden Industrie, die zu drei Vierteln Frauen beschäftigt.

Brutale Verbrechen von Jugendbanden und der organisierten Kriminalität beeinträchtigen die Sicherheitslage im Lande und damit auch die Grundfreiheiten der Bürger, ohne dass der Staat bisher geeignete Mittel gefunden hätte, um diesen Risiken zu begegnen. Betroffen sind neben Angehörigen ethnischer und sexueller Minderheiten und Straßenkindern Angehörige aller Gesellschaftsschichten. Die Mordrate in Honduras liegt mit 77,5 pro 100.000 Einwohner deutlich über dem lateinamerikanischen Durchschnitt. 290 Morde an Frauen wurden 2010 gezählt – 43 mehr als im Vorjahr.

In Honduras herrscht grundsätzlich Presse- und Medienfreiheit. Das Informationsangebot der privaten Medien ist scheinbar groß, doch sehr oft geleitet von politischen Interessen der Eigentümer. Die oppositionellen kleineren Medien wurden während der Staatsstreichmonate Michelettis drangsaliert, Fernseh- und Radiostationen geschlossen, der Strom abgestellt und die Journalisten bedroht.

Die multilaterale und bilaterale Entwicklungskooperation der Bundesregierung und Mittlerinstitutionen ist auf eine nachhaltige Verbesserung der Situation bei den sozialen Menschenrechten ausgerichtet (u.a. Grundbildung, sozialer Wohnungsbau, tatsächliche Gleichstellung der Frau, Minderheitenschutz). Bundesrepublik und EU unterstützen Menschenrechtsverteidiger. 

Rolle der Gewerkschaften

Die honduranischen Gewerkschaften stellen keine geschlossene Kraft dar. Bedeutendster gewerkschaftlicher Dachverband ist die “Confederación de Trabajadores de Honduras”, die sich um modernes Management und internationale Zusammenarbeit bemüht.

Einzelne Gewerkschaften haben hohen Organisationsgrad und politisches Durchsetzungsvermögen, so die Gewerkschaft der Bananenarbeiter, die Lehrergewerkschaften und die der Angestellten des öffentlichen Gesundheitswesens.

Gewerkschaften haben seit den 1950er Jahren Vorzugsstatuten für jeweilige Berufsgruppen erkämpft (z.B. sechs Stunden Arbeitszeit für Krankenhauspersonal, Steuerfreiheit und Lohnvorteile für Lehrer).

Christliche Kirchen

Die katholische Kirche versteht sich auch nach der Trennung von Staat und Kirche als moralische Instanz des Landes. Das gilt weiterhin für den niederen Klerus und den Weihbischof von Copán, doch haben der Kardinal von Tegucigalpa und die Kirchenführer von San Pedro Sula mit ihrer uneingeschränkten Unterstützung des Staatsstreiches gegen Präsident Zelaya Rosales viel Sympathie verloren.

Der katholischen Kirche ist in den letzten Jahrzehnten viel Konkurrenz gewachsen aus den protestantischen Freikirchen. Deren Dachorganisation wurde 2010 der gleiche Status wie der katholischen Kirche zuerkannt (Abgabenfreiheit und mehr), was die katholische Kirche wenig erfreut hat.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden.


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