Die Beziehungen der EU zu Lateinamerika und der Karibik (LAK)

Die Beziehungen der EU zu Lateinamerika und der Karibik (LAK)

Zuckerhut
© picture-alliance / Eibner – Pressefoto

Zuckerhut, Rio de Janeiro, Brasilien

Zuckerhut

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Die „Strategische Partnerschaft“ zwischen der EU und Lateinamerika und der Karibik (LAK) wurde im Juni 1999 beim ersten EU-LAK-Gipfel in Rio de Janeiro begründet. Die Zusammenarbeit, die rund eine Milliarde Menschen betrifft, baut auf dem gemeinsamen kulturellen Erbe und gemeinsamen Werten auf.

Die Partnerschaft wurde in bisher fünf weiteren Gipfeltreffen (Madrid 2002, Guadalajara 2004, Wien 2006, Lima 2008, Madrid 2010) weiter entwickelt und verfeinert. Die Gipfel sind zum einen ein Forum des Politischen Dialogs zu wichtigen globalen Fragen, zum anderen Impulsgeber für die Ausgestaltung der konkreten Beziehungen (Assoziierungs- und Partnerschaftsabkommen; Ausrichtung der Entwick­lungszusammenarbeit).

VI. EU-LAK-Gipfel in Madrid

Der VI. EU-LAK-Gipfel fand unter spanischer EU-Präsidentschaft am 18.05.2010 in Madrid statt. Leitthema des Treffens der Staats- und Regierungschefs war „Innovation und Technologie für nachhaltige Entwicklung und soziale Kohäsion“. Zudem standen die Lage in Haiti, die Wirtschafts- und Finanzkrise sowie die Klimaverhandlungen auf der Tagesordnung. Die Abschlusserklärung des Gipfels (“Erklärung von Madrid”) wurde von einem Aktionsplan begleitet, der die Vorhaben der biregionalen Partnerschaft für die nächsten Jahre konkretisiert.

Zur Verstetigung des EU-LAK-Prozesses wurde während des Gipfels die „EU-LAK Stiftung“ gegründet, die ihren Sitz in der Hansestadt Hamburg haben wird.

Im Rahmen des Gipfels wurden auch die Assoziierungsverhandlungen der EU mit Zentralamerika abgeschlossen. Das Assoziierungsabkommen wird das erste Abkommen der EU mit einer Region sein. Die Verhandlungen über umfassende Freihandelsakommen mit Peru und Kolumbien wurden ebenfalls abgeschlossen. Zudem konnten die Assoziierungsverhandlungen mit dem Gemeinsamen Markt des Südens (Mercosur) wieder aufgenommen werden. Es wurde zudem eine Lateinamerika-Investitionsfazilität eingerichtet, mit der bis 2013 100 Millionen Euro durch Finanzinstitutionen mobilisiert werden sollen, um Interkonnektivität, regionale Integration und den sozialen Zusammenhalt zu fördern.


Dicht geknüpftes Netz auf allen Ebenen

Die biregionale Partnerschaft besteht aus einem dicht geknüpften Netz vielfältiger Beziehungen, Aktivitäten und Kooperationsmechanismen und umfasst die Regierungsebene (Gipfeltreffen alle zwei Jahre, Außenministertreffen EU-Rio-Gruppe in den Jahren ohne Gipfel, regelmäßige Treffen Hoher Beamter) ebenso wie die Bereiche der Zivilgesellschaften, der Parlamente oder der Unternehmer. Das weit gefächerte Spektrum von Veranstaltungen, die ergänzend zu den Gipfeln stattfinden, veranschaulicht die breite Verankerung der Zusammenarbeit.


EU-LAK-Foren

Deutschland trägt aktiv dazu bei, den EU-LAK-Rahmen mit Leben zu füllen und hat eine Reihe fachlich relevanter Veranstaltungen initiiert und mit verschiedenen Partnern durchgeführt: Expertenseminar zu Kleinwaffen 2007, EU-LAK-Foren zur Fiskalpolitik im März 2008 und Mai 2009 in Berlin und Montevideo, zu Gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen im Oktober 2009 in Buenos Aires und am 29./30. April 2010 im Auswärtigen Amt zu Energiepolitik. Das VI. EU-LAL Seminar zu Fiskalpolitik und Klimawandel fand am 10./11. November 2010 in Berlin statt.


Die strategische Ausrichtung der EU

Am 30.09.2009 nahm die Kommission ihre Mitteilung „The European Union and Latin America: global players in partnership“ an, die unter anderem folgende zentrale Orientierungslinien enthält:

  • Intensivierung und Zielorientierung des biregionalen Dialogs
  • Stärkung der regionalen Integration und Interkonnektivität
  • Stärkung der bilateralen Beziehungen und stärkere Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten
  • Zielorientierung und Anpassung der Kooperationsprogramme

Die in der Mitteilung ebenfalls enthaltene Investitionsfazilität für Lateinamerika (LAIF) wurde beim EU-LAK-Gipfel 2010 in Madrid eingerichtet. Es handelt sich um ein neues Instrument zur Förderung der Interkonnektivität, der regionalen Integration und des sozialen Zusammenhalts.


Wirtschaftliche Beziehungen

EU-Mercosur-Gipfel in Rio des Janeiro
© BPA / Stutterheim

EU-Mercosur-Gipfel in Rio des Janeiro

© BPA / Stutterheim

Die EU ist mit 14,5 Prozent (2007) der zweitgrößte Handelspartner von LAK (nach USA). Die LAK-Staaten machen 6 Prozent des EU-Außenhandels aus. LAK exportiert in die EU vor allem Agrarprodukte und Rohstoffe, die EU nach LAK Maschinen, Transportausrüstungen und Chemieprodukte. Deutschland hat dabei mit 28 Prozent (2009) den größten Anteil am EU-Außenhandel mit den LAK-Ländern. Die EU hält den größten Anteil an den ausländischen Direktinvestitionen in LAK (2005: 68 Milliarden US-Dollar).


Allgemeine entwicklungspolitische Instrumente der EU

Im Rahmen des Allgemeinen Zollpräferenzsystems (APS) gewährt die EU derzeit 176 Entwicklungsländern weltweit Zollvorteile. Guatemala, Honduras, El Salvador, Nicaragua, Costa Rica, Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien und Paraguay können überdies die Sonderpräferenzen des sogenannten APS+ nutzen, die ihnen für die meisten ihrer Produkte die zollfreie Einfuhr in die EU ermöglichen. Die Gewährung der Zollreduktionen und -freistellungen des APS+ sind an die Einhaltung bestimmter internationaler Konventionen zum Schutz von Menschen- und Arbeitsrechten, zum Umweltschutz und zur guten Regierungsführung gebunden.

Die aktuelle APS-Verordnung ist seit Januar 2009 in Kraft und gilt bis Ende 2011.


Entwicklungspolitische Zusammenarbeit (EZ)

Die EU ist der größte EZ-Geber in LAK. Die EZ mit Lateinamerika ist im EZ-Instrument der EU (DCI) umrissen und umfasst für 2007 bis 2013 2,69 Milliarden Euro. Schwerpunkte der Zusammenarbeit sind vor allem die Förderung der sozialen Kohäsion und der regionalen Integration. Weitere Bereiche betreffen Regierungsführung, Hochschulen und nachhaltige Entwicklung. Die EZ wird in Programmen für 17 einzelne LA-Länder und drei Regionalgruppen (MERCOSUR, Andengemeinschaft, Zentralamerika) sowie einem LA-übergreifenden Programm umgesetzt. Spezielle Programme der EZ mit LA sind EuroSocial (Förderung sozialer Kohäsion), UrbAL (Förderung der Zusammenarbeit auf Lokalebene), AL-Invest (Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der LA KMU), Alpha III (Modernisierung der Hochschulsysteme), Erasmus mundus (Stipendien) und @LIS (Integration von LA in die globale Informationsgesellschaft).

Die EZ mit der Karibik findet (wegen Zugehörigkeit zu den Staaten Afrikas, Karibik und Pazifik) im Rahmen des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) statt.

Im Außenmandat der Europäische Investitionsbank sind für die Periode 2007 bis 2013 2,8 Mrd. Euro für Lateinamerika vorgesehen, die vor allem für Projekte in den Bereichen Umweltschutz (einschließlich Milderung der Folgen des Klimawandels) und Energiesicherheit zur Verfügung stehen. Für die Karibik stehen EIB-Kredite im AKP-Rahmen zur Verfügung, die insbesondere in den Bereichen Infrastruktur und Kleinkredite genutzt werden.


Übersicht der EU-Abkommen in der Region

Seit dem Gipfel in Rio de Janeiro 1999 wurde dem Ausbau der vertraglichen Beziehungen zwischen den Staaten der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik besondere Aufmerksamkeit gewidmet:

  • Mit dem I. EU-Brasilien-Gipfel am 4. Juli 2007 in Lissabon rückte Brasilienin die Gruppe der Länder auf, zu denen die EU eine strategische Partnerschaft unterhält.
  • Im Verhältnis zu Mexikowurde im Juli 2000 das Freihandelsabkommen mit der EU in Kraft gesetzt, im Oktober 2000 das dazu gehörige “Globalabkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit”.
  • Die EU hat mit Chileim November 2002 einen weitreichenden Assoziationsvertrag unterzeichnet. Kernbestandteil ist die Errichtung einer Freihandelszone EU-Chile innerhalb von zehn Jahren nach dem am 1. März 2005 in Kraft getretenen Abkommen.
  • Grundlage der Beziehungen der Europäischen Union zum Mercosurist das am 01.07.1999 in Kraft getretene Rahmenkooperationsabkommen. Seit Ende 1999 verhandelt die EU mit dem Mercosur über den Abschluss eines biregionalen Assoziationsabkommens.
  • Mit den Staaten der Andengemeinschaftund Zentralamerikaskonnten EU-Kooperationsabkommen neuen Typs (“Abkommen der vierten Generation”) abgeschlossen werden, die am 15.12.2003 in Rom unterzeichnet wurden. Darüber hinaus wurde ein Assoziationsabkommen mit Zentralamerika abgeschlossen, mit der Andengemeinschaft wird ein Abkommen seit 2007 verhandelt. Ein Freihandelsabkommen mit Peru und Kolumbien besteht seit März 2010.
  • Mit den im CARIFORUM zusammengeschlossenen Ländern der Karibikhat die EU am 15.10.2008 ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) unterzeichnet. Darüber hinaus wird derzeit eine EU-CARIFORUM Partnerschaftsstrategie erarbeitet.

Im Regionalschwerpunkt Lateinamerika der Außenpolitik finden sich weitere Informationen zu den  bilateralen Beziehungen Deutschlands zu Lateinamerika.


Stand 20.01.2011

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