Innenpolitik

Innenpolitik

Stand: März 2011

Aktuelle innenpolitische Lage

Derzeit berät die Ungarische Nationalversammlung über eine neue Verfassung für Ungarn. Die Abstimmung ist für den 18. April geplant, die neue Verfassung soll am 1. Januar 2012 in Kraft treten.

Im Europäischen Parlament halten von den Ungarn zustehenden 22 Mandaten Fidesz 14, die Sozialisten 4, die rechtsextreme Jobbik 3 und das bürgerliche JÉS einen Sitz.

Seit August 2010 amtiert der frühere Vizepräsident des Europäischen Parlaments und nach dem Regierungswechsel kurzzeitige Präsident der Ungarischen Nationalversammlung, Pál Schmitt, als Staatspräsident.

Staatsaufbau

Im Zuge des Systemwechsels von 1989/90 wurde das ungarische Staatswesen grundlegend erneuert. Am 23.10.1989 trat die am „Runden Tisch“ zwischen Vertretern der reformkommunistischen Regierung und der demokratischen Opposition ausgehandelte modifizierte Verfassung in Kraft.

Alle Staatsgewalt geht auch in Ungarn vom Volke aus, das alle vier Jahre in freien, gleichen und geheimen Wahlen die 386 Abgeordneten der Nationalversammlung bestimmt und über Referenden an der politischen Willensbildung beteiligt werden kann. Die Regierung ist dem Parlament verantwortlich. Für die Richtlinien der Regierungstätigkeit trägt der Ministerpräsident Verantwortung. Um die größtmögliche Stabilität der Regierung zu gewährleisten, wurde die Institution des konstruktiven Misstrauensvotums geschaffen. Außerdem können zahlreiche Gesetze nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedet werden.

Dem alle fünf Jahre von der Nationalversammlung gewählten Staatspräsidenten fallen überwiegend repräsentative Aufgaben zu. Im Unterschied zum Bundespräsidenten besitzt er jedoch ein aufschiebendes Vetorecht gegenüber Gesetzen der Nationalversammlung und kann diese entweder zur Neuberatung zurück an das Parlament oder direkt zur Überprüfung an das Verfassungsgericht verweisen. Außerdem kann er selbst Gesetzesvorschläge unterbreiten.

Derzeit berät die Nationalversammlung über eine neue ungarische Verfassung, die sich nach den Aussagen führender Politiker der Mehrheitsfraktionen weiterhin am parlamentarischen Regierungssystem orientieren wird. Ein Übergang zu einem Präsidialsystem ist nicht geplant.

An der Spitze der Judikative stehen der Oberste Gerichtshof (künftig: „Kuria“) sowie das Verfassungsgericht.

Regierung und Opposition

Nach den Parlamentswahlen im April 2010 löste der bisherige Oppositionsführer Viktor Orbán (Fidesz) den parteilosen Wirtschaftsexperten Gordon Bajnai als Ministerpräsident ab. Neu schuf die Regierung Orbán die Positionen zweier stellvertretender Ministerpräsidenten: Tibor Navracsics (Fidesz) leitet gleichzeitig das Ministerium für Verwaltung und Justiz, während der für „Nationalpolitik“ zuständige Zsolt Semjén (KDNP) über kein eigenes Ressort verfügt. Zum Außenminister wurde wie bereits im ersten Kabinett Orbán (1998-2002) der erfahrene Jurist János Martonyi ernannt.

Mit Viktor Orbán kann sich ein ungarischer Regierungschef erstmals auf eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Abgeordneten im Parlament stützen. Er kündigte umgehend an, dieses eindeutige Mandat für eine umfassende Erneuerung der ungarischen Verfassung nutzen zu wollen. Das neue Grundgesetz soll bereits zum 1. Januar 2012 in Kraft treten.

Der konservative Fidesz verfügt über 227 Mandate im Parlament. Die christlich-konservative KDNP ging mit dem Fidesz ein Wahlbündnis ein und bildet nun eine eigenständige Fraktion mit 36 Sitzen. Größte Oppositionspartei wurden die abgewählten Sozialisten (MSZP, 59 Sitze). Als Herausforderung für das demokratische System in Ungarn erweist sich die rechtsextreme Jobbik als drittstärkste Kraft (47 Sitze). Außerdem gelang der neu gegründeten grünen Partei LMP („Eine andere Politik ist möglich“) mit 16 Sitzen der Einzug in die Nationalversammlung. Dazu ein unabhängiger Abgeordneter.

Minderheitenrechte

Die Rechte der in Ungarn lebenden 13 anerkannten nationalen und ethnischen Minderheiten – die die Verfassung als „konstituierende Elemente des Staates bezeichnet“ – sind im Minderheitengesetz von 1993 verankert. Das Gesetz wurde im Oktober 2005 novelliert. Es räumt den Angehörigen der Minderheiten weitgehende individuelle und kollektive Rechte ein. Dies sind in erster Linie kulturelle Autonomie sowie das Recht auf muttersprachlichen Unterricht. Frei gewählte Selbstverwaltungen der Minderheiten auf kommunaler sowie auf Landesebene setzen sich aktiv für die Wahrnehmung der Minderheitenrechte ein. Ab der nächsten Legislaturperiode soll nach dem Willen der Regierungsparteien Fidesz und KDNP eine ständige parlamentarische Vertretung der 13 anerkannten Minderheiten gewährleistet werden.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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