Wirtschaftspolitik
Wirtschaftspolitik
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Stand: März 2011
Grundlinien der Wirtschaftspolitik
Timor-Leste (TLS) ist als Mitglied der Vereinten Nationen, des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank sowie der Asian Development Bank (ADB) in die internationale Gemeinschaft integriert; auf regionaler Ebene besteht Interesse an einer Mitgliedschaft bei ASEAN, die zwischenzeitlich beantragt wurde.
Dank internationaler Entwicklungsgelder, einer starken Konsumnachfrage der UNMIT Mitarbeiter und zusätzlicher Staatsausgaben war TLS kaum von der weltweiten Finanz-und Wirtschaftskrise betroffen.
Da eine industrielle Basis nicht vorhanden ist, wird die wirtschaftliche Entwicklung im wesentlichen durch die Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft sowie dem 6,9 Mrd. USD (Stand 31.12.2010) umfassenden Petroleum Fonds (JAPD) finanziert, mit dem wirtschaftliche Engpässe abgemildert werden. Die Staatseinnahmen alleine aus dem Öl-und Gasbereich beliefen sich 2010 auf 2,2 Mrd. USD (2009: 1,65 Mrd. USD).
Die Staatsausgaben von rd. 840 Mio. . USD in 2010 werden – bei direkten und indirekten Steuereinnahmen sowie Gebühren von lediglich rd. 90 Mio. USD (nach IWF) – durch die Erträge aus der Ausbeutung der Öl- und Gasvorkommen gedeckt; für 2011 wird bei den Staatsausgaben ein Budget von 1,3 Mrd. USD angesetzt.
Zur Verbesserung der Infrastruktur und der Entwicklung des Bildungskapitals wurden im Budgetansatz 2011 zwei neue Fonds etabliert: der Infrastructure Fund mit 599 Mio. USD und der Human Capital Development Fund mit 25 Mio. USD. Alleine zum Ausbau des nationalen Stromübertragungsnetzes sollen 166 Mio. USD bereitgestellt werden.
Da sich die Lage des Staatshaushalts aufgrund der gestiegenen Einnahmen im Öl-und Gassektor in Folge des hohen Ölpreises in den letzten Jahren zusehends verbesserte und die internationalen Hilfeleistungen bisher als Zuschüsse („grants“) gewährt wurden gibt es keine Auslandsschulden. Die Devisenreserven im 2. Quartal 2010 beliefen sich auf 188 Mio. USD
Als Währung hat Timor-Leste im Januar 2000 den US-Dollar eingeführt. Dies hatte bisher den positiven Effekt geringer Inflationsraten; aufgrund der Dollarschwäche und anziehender Preise für – importierte – Nahrungsmittel wird der mittlere Preisanstieg für 2010 auf 4,2% geschätzt (IWF); nach geschätzten 1,3% e für 2009 .
2010 verzeichnete die timoresische Wirtschaft ein Wachstum von rd. 8% (2009: 7% ); für 2011 wird – so die Prognose des IWF – von einem Wachstum von 7,1% ausgegangen. Dennoch gehört Timor-Leste nach wie vor zu den am wenigstens entwickelten Ländern.
Die langfristigen Wachstumsziele der Regierung im Nicht-Öl- und Gassektor liegen bei 5 bis 6 Prozent; hierfür sind allerdings erhebliche Anstrengungen im Ausbau der Infrastruktur, im Bildungswesen sowie in der Entwicklung einer effizienten Landwirtschaft notwendig um dieses Ziel zu erreichen.
Die Anstrengungen, die unternommen werden müssen, um das Land nach den Zerstörungen im Nachgang des Unabhängigkeitsreferendums im Jahre 1999 wieder aufzubauen, sind immer noch enorm. Seinerzeit wurden 2/3 der physischen Infrastruktur des Landes zerstört und das Bruttoinlandsprodukt (GDP) fiel 1999 um 30 Prozent. In den beiden Folgejahren 2000 und 2001 stieg das Bruttoinlandsprodukt – getragen von der Nachfrage an Dienstleistungen und vom Bausektor, beides bedingt durch die hohe internationale Präsenz und Aufbauhilfe, kräftig an (15,4 bzw. 18,3%) und das Vorkrisenniveau wurde wieder erreicht. Seit dem Übergang in die Unabhängigkeit und dem schrittweisen Rückzug der internationalen Organisationen gingen diese Wachstumsfaktoren deutlich zurück und das Nicht-Öl-Bruttoinlandsprodukt pro Kopf stagnierte bis 2007 bei knapp 400 US-Dollar. In 2009 konnte dieser Wert auf 543 USDr und in 2010 auf 570US-Dollar aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung gesteigert werden- trotz dieser Steigerungen zählt Timor-Leste zu den ärmsten Ländern der Welt. Dies äußert sich in darin, dass 44% der Bevölkerung von weniger als 1 US-Dollar am Tag leben. Nach Angaben des IWF leben 41% der Bevölkerung in Armut, mit signifikanten Unterschieden zwischen Stadt und Land und den besser gestellten östlichen gegenüber den unterentwickelten westlichen Provinzen.; nur ein Drittel der Bevölkerung hat Zugang zu Elektrizität. Die Geburtenrate von 2,4% (IWF) verschärft das Problem zusätzlich.
Wirtschaftspolitische Schwerpunkte
Wirtschaftspolitische Schwerpunkte sind stabile Staatsfinanzen und die Förderung des Privatsektors. Auf der fiskalischen Seite ist man mit der Einrichtung einer Aufsichtsbehörde für das Banken- und Zahlungssystem (Banking and Payments Authority), dem Aufbau eines statistischen Amtes, einer vernünftigen Ausgabenpolitik, der Begrenzung der Zahl der im öffentlichen Dienst Beschäftigten und den Bemühungen um eine Verbreiterung der steuerlichen Basis auf dem richtigen Weg. Wegen der Nutzung von US-Dollar als Währung hat Timor-Leste aber nur eine sehr eingeschränkte Möglichkeit einer eigenständigen monetären Politik.
Weiterhin ist die Regierung daran interessiert, ausländische Investoren anzulocken. Um die Privatwirtschaft weiter anzukurbeln, wird man sich um den Abbau von Investitionshemmnissen kümmern müssen. In ihrer Auswertung „Doing Business 2011“ stellt die Weltbank Timor-Leste mit Platz 174 von 183 Ländern ein relativ schlechtes Zeugnis aus. Neben einer Verbesserung des Geschäfts-/ Investitionsklimas sind Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Maßnahmen der Bevölkerungsentwicklung für eine positive wirtschaftliche Entwicklung Timor-Lestes maßgebend.
Daneben wirken sich insbesondere der eklatante Fachkräftemangel und das hohe Lohnniveau aufgrund der internationalen Präsenz und der Einführung des US-Dollars als Währung negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung aus.
Diese Faktoren verringern die Konkurrenzfähigkeit Timor-Lestes gegenüber seinen ostasiatischen Nachbarländern. Ein niedrigeres Lohnniveau würde auch dem Abbau der hohen Arbeitslosigkeit von durchschnittlich ca. 20 % (40% im ländlichen Bereich) dienen. Mit Programmen zur Erleichterung des Zugangs zu Krediten für die klein- und mittelständische Industrie sollen weitere Anreize geschaffen werden. Die Regierung hat ein Investitionsgesetz verabschiedet, dass Anlegern Rechtssicherheit garantiert. Hiermit soll die Attraktivität Timor-Lestes für Investoren gesteigert werden.
Timor-Leste wird in den nächsten Jahren aufgrund der erwarteten Einnahmen aus der Ausbeutung der Öl- und Gassektorvorkommen in der Timorsee zunehmend weniger auf substantielle internationale Hilfe angewiesen sein, um seine Haushaltslücken zu schließen. Der im September 2005 angelegte Petroleumfond nach norwegischem Muster wurde bereits mit 1,8 Mrd. USD (September 2007) aus den Einnahmen aus dem Baya-Undan-Feld aufgefüllt. 2010 betrug die Summe des Fonds bereits 6,9 Mrd. USD. Nach der Einigung mit Australien über die Ausbeutung der Gasvorkommen im „Greater Sunrise“-Feld in der Timorsee am 12.01.2006 kann Timor-Leste in Zukunft nach Erschließung des Feldes noch mit erheblich größeren Einnahmen von bis zu 10 Mrd. USD rechnen.
Wirtschaftssektoren
Die auf Subsistenzwirtschaft ausgerichtete Landwirtschaft, die etwa 75% der Arbeitsplätze zur Verfügung stellt, trägt mit der Produktion von überwiegend Grundnahrungsmitteln rund 32% zum BIP bei. Durch den Anbau von Vanille, Kakao und Erdnüssen neben dem bereits als Exportgut etablierten Kaffee – mit einem Anteil von rund 80% am Gesamtexport im Nicht-Öl Bereich – sind hier zukünftig Ertragssteigerungen möglich. Im produzierenden Gewerbe sind die Entwicklungschancen mittelfristig wegen der mangelhaften Infrastruktur und dem Fehlen qualifizierter Arbeitskräfte gering. Der Tourismussektor bietet aufgrund der landschaftlichen Schönheit, der kulturellen Vielfalt und der Nähe des Landes zu Australien ein bisher kaum ausgeschöpftes Potential.
Außenhandel
Der Außenhandel, außer Öl und Gas, wird auf Jahre hinaus von einem Defizit geprägt bleiben. Timor-Leste führte 2010 Waren im Wert von 11 Mio. USD aus Quelle: IWF); eine Zunahme um 2 Mio. USD im Vergleich zum Vorjahr mit 9 Mio. USD. Die Importe stiegen 2010 um 190 Mio. ISD auf 575 Mio. USD (2009: 385). Die wichtigsten Importgüter sind Fahrzeuge, Raffinerieprodukte und Nahrungsmittel. Dem hohen Importbedarf, vor allem bedingt durch das Fehlen einer eigenen leistungsfähigen industriellen Basis, steht allein Kaffee als nennenswertes Ausfuhrgut gegenüber, dessen Exportpotential aufgrund fehlender Transport- und Veredelungsmöglichkeiten bisher nur teilweise ausgeschöpft wurde.
Der bilaterale Handel bewegt sich 2010 mit einem Volumen von rd. 6 Mio. EUR weiterhin auf sehr geringem Niveau. Timoresische Exporte nach Deutschland (größtenteils Kaffee) in Höhe von rd. 5,8 Mio. EUR in 2010 stehen Einfuhren aus Deutschland im Wert von rd. 230.000 EUR gegenüber (2009: 2,2 Mio. EUR; Quelle: Stat. Bundesamt).
Hinweis