Die Arktis
Die Arktis
Arktische Impressionen
© Alfred Wegener Institut
Arktische Impressionen
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Arktische Impressionen
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Arktische Impressionen
© Alfred Wegener Institut
Wer darf den Arktischen Ozean nutzen, wer das Meer und den Meeresboden ausbeuten? Wie lassen sich Frieden und Sicherheit in der arktischen Region bewahren? Diese Fragen stellen sich verstärkt, seit der Klimawandel den Eispanzer der Arktis schmelzen lässt. Deutschland setzt sich international dafür ein, dass wirtschaftliche Interessen und Umweltschutz in Einklang gebracht werden.
Zuerst langsam, jetzt immer schneller verändert die Klimaerwärmung die nördlichste Region der Erde: Lagen in der Vergangenheit die Wassermassen der Arktis zu 80 bis 90 Prozent unter einer dicken Eisschicht, verlor die Packeisschicht seit 1977 ein Viertel ihres Umfangs. Das Nordpolarmeer und seine Ressourcen werden damit leichter zugänglich und mittelfristig nutzbar.
Spätestens 2007 schaffte es die Arktis in die Schlagzeilen: Erstmals war einer der arktischen Haupt-Schifffahrtswege – die so genannte Nordwestpassage vor Kanada – vom Pazifik bis zum Atlantik eisfrei und damit schiffbar. Und auch die Nordostpassage wird seit kurzem von Reedern in den Sommermonaten als wirtschaftliche Alternative auf dem Weg nach Asien in Erwägung gezogen. 2010 kam es zu Umfahrungen des Arktischen Ozeans auf beiden Schifffahrtswegen durch deutsche Forschungs-, Passagier- und Frachtschiffe.
Die Arktis erstreckt sich über ein Gebiet von rund 20 Millionen Quadratkilometern zwischen Nordpol und 66˚33’ nördlicher Breite. Ihre Fläche ist mehr als sechsmal so groß wie die des Mittelmeers. Etwa die Hälfte ist Festland mit den ihm vorgelagerten Inseln, die andere Hälfte bildet der Arktische Ozean. Dieser Ozean wird von fünf so genannten „Polarstaaten“ eingerahmt: Norwegen (mit Spitzbergen), Russische Föderation (mit Sibirien), Vereinigte Staaten von Amerika (mit Alaska), Kanada und Dänemark (mit Grönland). Island gilt als „sub-arktischer“ Staat. Die arktischen Polarstaaten sind eine kleine Gruppe, verglichen mit den derzeit 48 Vertragsstaaten des Antarktisvertrags zu denen seit 1981 auch die Bundesrepublik Deutschland gehört.
Die wirtschaftlichen Perspektiven führen zu vermehrten Ansprüchen der Anrainer: So setzte etwa der russische Duma-Abgeordnete Arthur Tschilingarov Ende Juli 2007 von Bord eines U‑Boots aus eine russische Titan-Flagge auf den nordpolnahen Meeresboden. Eine Reihe weiterer nationaler Erkundungsreisen sind im Gange, auch zur Erforschung der Reichweite von Festlandsockeln. Kanada erwägt einen arktischen Tiefseehafen in Resolute Bay.
Hintergrundinformationen zur Rechtsordnung in der Arktis finden Sie hier:
Welche internationalen Organisationen und Institutionen beschäftigen sich mit der Arktis?
Verschiedene Einrichtungen sind mit arktischen Umweltbelangen und Fragen der Festlandsockel und Bodenschätze befasst:
Im Oktober 1996 wurde der Arktische Rat – Arctic Council – in Ottawa gegründet. Ihm gehören neben den fünf arktischen Polarstaaten (Dänemark, Kanada, Norwegen, Russische Föderation, Vereinigte Staaten von Amerika) und Island auch Schweden und Finnland an – daher wird oft auch von „acht“ Arktisstaaten gesprochen. Hinzu kommen sog. permanent participants (indigene Gruppen) sowie zahlreiche Beobachter, darunter (sechs Staaten einschließlich der Bundesrepublik. Eine der Hauptaufgaben des Rates ist die Umsetzung der Arctic Environmental Protection Strategy von 1991. Der Rat ist ein politischer Zusammenschluss, dessen Beschlüsse nicht rechtsverbindlich sind. Für das Frühjahr 2011 peilt der Rat Grundsatzbeschlüsse zu festeren Organisationsstrukturen an.
© NOAA Climate Program Office
© NOAA Climate Program Office
Zentrales Gremium für die Bestimmung von Festlandsockelgrenzen der arktischen Anrainerstaaten ist die Festlandsockelgrenzkommission (FSGK) – Commission on the Limits of the Continental Shelf – mit Sitz in New York. Die seit 1997 bestehende FSGK ist ein internationales Organ, das auf dem Seerechtsübereinkommen (SRÜ) der Vereinten Nationen beruht. Ihr gehören Mitglieder aus 21 Staaten als nationale Experten an, die in festen Abständen neu gewählt werden. Die Kommission gibt mit Zweidrittelmehrheit Empfehlungen ab, aufgrund derer ein Küstenstaat seinen Festlandsockel über die im SRÜ als Regelfall vorgesehene Maximalgrenze von 200 Seemeilen ausdehnen kann. Norwegen hat als erster Arktisstaat entsprechende Empfehlungen erhalten (2010). Die Russische Föderation überarbeitet z.Zt. ihren Antrag aus dem Jahr 2001. Dänemark und Kanada arbeiten an submissions für das Jahr 2013 bzw. 2014.
Deutschland steht mit an der Spitze der internationalen Polarforschung: Unter anderem sind zu erwähnen: Auf Spitzbergen (Svalbard) unterhält das deutsche Alfred-Wegener-Institut zusammen mit Frankreich die wichtige polare Forschungsstation Koldewey. Mit dem Forschungsschiff „Polarstern“ setzt Deutschland seit Jahren wichtige Zeichen auf dem Gebiet der polaren Forschungsschifffahrt. Die 2009 eröffnete Forschungsstation „Neumayer III“ in der Antarktis steht für die Polaraktivitäten im Süden der Erdkugel und setzt neue technologische und Umwelt-Maßstäbe. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) verfügt über erhebliches Expertenwissen zu polarer Geologie.
Mit einem nationalen Workshop und erfolgreichen Internationalen Konferenzen zur Arktis im März 2008, 2009 und 2011 in Berlin beteiligt sich Deutschland aktiv an der Diskussion über die Zukunft der Arktis. Deutschland ist Vertragspartei des Spitzbergenvertrags von 1921 und hat einen ständigen Beobachterstatus im Arktischen Rat. Was das Südpolargebiet betrifft, ist Deutschland Mitglied des Antarktisvertrags von 1959 mit dem Status einer stimmberechtigten Konsultativertragspartei.
Auch wirtschaftlich ist die Arktisregion für Deutschland von Bedeutung. Deutsche Unternehmen sind wichtige Abnehmer von norwegischem und russischem Öl und Gas. Sie arbeiten bei der Erschließung von Gasvorkommen mit Unternehmen in Norwegen und der Russischen Föderation zusammen. Deutsches technisches Know-how kommt zum Einsatz.
Welche Anliegen unterstützt Deutschland konkret?
Der arktische Umweltschutz erfordert die effiziente Umsetzung der Umweltvorgaben des SRÜ in einem rechtsverbindlichen Handlungsrahmen. Seit längerem existieren Elemente für eine stringentere Zusammenarbeit zum Schutz und zur Bewahrung der Meeresumwelt. Das SRÜ sieht eine solche Zusammenarbeit ausdrücklich vor – weltweit oder regional. Angesichts der überragenden Bedeutung des Klimaschutzes ist die Erhaltung der einzigartigen Klimabedingungen in der Arktis ein prioritäres Anliegen. Der Arktische Rat sollte bei diesem Anliegen künftig eine noch größere Rolle spielen. Deutschland setzt sich für eine verbesserte Beteiligung der Beobachter im Rat sowie neue Beoabchter wie z.B. die Europäische Union ein.
Deutschland unterstützt die jüngsten intensiven Bemühungen der EU um eine aktive EU-Arktispolitik.
Große Teile des arktischen Meeresbodens verdienen als „gemeinsames Erbe der Menschheit“ Schutz. Die Freiheit der Meeresforschung muss bewahrt, wissenschaftliche wie auch wirtschaftliche Kooperation gefördert werden. Deutschland unterstützt alle EU- und VN-Bemühungen in dieser Richtung.
Auch Schifffahrtsbelange müssen aus Sicht Deutschlands als weltweit drittgrößte Handelsflottennation im Auge behalten werden: Zwar wird die Intensivierung der Schifffahrt durch die arktischen Passagen noch einige Zeit auf sich warten lassen; doch schon jetzt wirkt die Bundesrepublik darauf hin, dass strikte umweltrechtliche Vorgaben bei der Regelung von Arktis-Durchfahrten beachtet werden.
Stand 08.04.2011