Wirtschaft

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Stand: März 2011

Kurzcharakterisierung

Die Ukraine ist eine offene, wenig diversifizierte und stark modernisierungsbedürftige Volkswirtschaft. Sie gehört mit einem Pro-Kopf-Einkommen von rd. 3000 USD (2009: rd. 2570 USD Quelle: IWF) in der Kategorisierung der Weltbank zu den „lower middle income“-Ländern. In den Jahren bis zu Beginn der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 konnte die Armutsrate deutlich gesenkt werden. Es gibt aber nach wie vor ein starkes Einkommensgefälle zwischen der Stadt Kiew und den übrigen Landesteilen.

Trotz hoher Wachstumsraten bis 2008, ging die Transformation der ukrainischen Wirtschaft nur schleppend voran. Wichtige Reformen wurden wegen der innenpolitischen Instabilität und aufgrund der stark von wirtschaftlichen Einzelinteressen geleiteten Politik lange nicht in Angriff genommen (darunter Reform des Bodenmarktes in der Landwirtschaft, Rentenreform, Justizreform, Verwaltungsreform). Formal hat sich dies unter der derzeitigen Regierung geändert. Im Frühjahr 2010 erarbeitete die neue Führung ein umfangreiches Reformprogramm für die Jahre 2010 bis 2014; insbesondere wird eine Verbesserung des Investitionsklimas angestrebt. Die gesetzgeberischen Maßnahmen müssen sich in der Praxis aber noch beweisen.

Die Ukraine steht mit der EU in Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen mit umfassendem Freihandelsteil. Die damit verbundenen Erwartungen an strukturelle und institutionelle Reformen erfüllt sie bisher nur unzureichend. Zwischen der Ukraine und Russland bestehen enge Wirtschaftsbeziehungen. Unter der neuen politischen Führung wurden diese intensiviert.


Struktur der Wirtschaft

Nach dem Zusammenbruch der zentralistischen Planwirtschaft Anfang der 90er Jahre wurde das ehemalige Staatsvermögen rasch privatisiert. Aus dieser Entwicklung ist eine Gruppe von „Oligarchen“ hervorgegangen, die eine maßgebliche Rolle bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen spielen. Gleichzeitig sind bis heute wesentliche Teile der Wirtschaft in Staatshand verblieben.

Der Osten des Landes ist das (schwer-)industrielle Zentrum der Ukraine, der Westen ist ländlich geprägt. Die wichtigsten Wirtschaftszweige sind die metallurgische und chemische Industrie, die Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft sowie der Maschinenbau. Wachstumsmotoren waren vor Beginn der Krise v.a. der Exportsektor und der Konsum. Letzterer wurde durch ein starkes Kreditwachstum (v.a. auch in Devisen) getragen. Die ukrainische Industrie leidet unter geringer Wettbewerbsfähigkeit aufgrund veralteter Anlagen und hohen Energieverbrauchs. Zugleich ist die Ukraine in hohem Maße von Energieimporten abhängig.

Die Ukraine weist für die Wirtschaft eine Reihe von Standortvorteilen auf, wie einen mit ca. 46 Mio. Einwohnern relativ großen Binnenmarkt, einige hoch entwickelte Nischensektoren, wie Flugzeug- und Raketenbau, die geographische Nähe zu den Absatzmärkten in der EU und in Osteuropa, einen hohen Nachholbedarf bei Konsum und Modernisierungsinvestitionen, gute natürliche Voraussetzungen für die Landwirtschaft sowie ein vergleichsweise niedriges Lohnniveau bei grundsätzlich hohem Ausbildungsstand. Positive Wachstumsimpulse werden auch durch die Ausrichtung der Fußballeuropameisterschaft 2012 zusammen mit Polen erwartet.


Wirtschaftsklima

Die Ukraine ist auf dem Weg der wirtschaftlichen Erholung, auch wenn das Wachstum (2010: 4,2%) im Vergleich mit dem massiven Einbruch 2009 (-15%) bescheiden bleibt. Das Wachstum wurde zunächst vom Export (Metallurgie, Maschinenbau, Chemieerzeugnisse) getragen, mit dem Anstieg der Löhne und Gehälter und zurückgehender Schuldenbelastung der privaten Haushalte aber zunehmend auch durch die interne Nachfrage.

Die Wachstumserwartungen für 2011 hängen auch davon ab, wieweit die Regierung sich tatsächlich um wirtschaftspolitische Reformen bemüht. Viele Vorhaben, die 2010 auf dem Papier in Angriff genommen werden sollen, müssen noch implementiert werden. Auch bleibt die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen eine Herausforderung. Die Inflationsrate blieb 2010 erstmals seit sechs Jahren unter 10%.

Das Leistungsbilanzsaldo ist negativ (2,5 Mrd. USD bzw. 1,9% BIP Ende 2010), wird aber vom Zustrom ausländischer Direktinvestitionen (2010: 4,7 Mrd. USD) und Finanzmittel der Internationalen Finanzinstitutionen kompensiert. Im laufenden Jahr wird daher ein positives Zahlungsbilanzsaldo erwartet. Der IWF unterstützt die Ukraine mit einem Milliardenkredit, der an eine Reihe von Auflagen geknüpft ist. Die Ukraine hat wieder Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten und konnte erfolgreich Eurobonds platzieren und ihre Auslandsschulden bedienen. In den nächsten Jahren steht die Ukraine allerdings vor hohen Rückzahlungsverpflichtungen.

Das Geschäfts- und Investitionsklima ist verbesserungswürdig. Problematisch sind v.a. das hohe Ausmaß an Korruption, langwierige Genehmigungsverfahren und verbreitete Rechtsunsicherheit. Im „Ease of Doing Business“-Bericht der Weltbank (2010) liegt die Ukraine auf Platz 145, im „Corruption Perception Index“ von Transparency International auf Platz 134.


Offenheit gegenüber Weltwirtschaft

Die Ukraine ist eine exportorientierte Volkswirtschaft. Die Exporte machen ca. 40% des BIP aus. Sie setzen sich größtenteils aus Roh- und Halbfertigwaren zusammen. 40% der Exporteinnahmen werden durch den Stahlsektor generiert. Die wichtigsten Handelspartner der Ukraine nach Gesamtvolumen des Warenaustauschs sind Russland, Deutschland, Polen und China. Seit 2008 ist die Ukraine Mitglied der WTO. Sie führt außerdem Verhandlungen über ein umfassendes und vertieftes Freihandelsabkommen mit der EU. Russland drängt auf eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Zollunion zwischen Russland, Kasachstan und Weißrussland.

Die kumulierten ausländischen Direktinvestitionen betragen in der Ukraine seit der Unabhängigkeit ca. 45 Mrd. USD. Im Vergleich mit anderen Ländern der Region sind die Direktinvestitionen pro Kopf niedrig. Das größte Investitionsvolumen kommt aus Zypern (als Offshore-Hafen für Kapital aus den GUS-Ländern), gefolgt von Deutschland, den Niederlanden, Russland, Österreich, Großbritannien und Frankreich.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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