Wirtschaft
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Stand: März 2011
Grundlinien der Wirtschaftspolitik
Der schrittweise Übergang zu einer immer stärkeren marktwirtschaftlichen Orientierung hat große Wachstumskräfte in China freigesetzt. Die konsequente Wachstumspolitik hat eine Aufbruchstimmung und damit Eigendynamik geschaffen, die angesichts der Größe Chinas und seines Aufholpotentials noch lange anhalten könnten. Im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise sind die Zuwachsraten zwar zeitweise etwas zurückgegangen, doch meldet die Volksrepublik mit 10,3 Prozent im Jahr 2010 und prognostizierten 9,6 Prozent im Jahr 2011 (IMF) wieder über beeindruckende jährliche Wachstumsraten China ist inzwischen die zweitgrößte Handelsnation der Welt und hat im Laufe des Jahres 2010 Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft überholt. Mittlerweile hat China ein durchschnittliches Pro-Kopf-Inlandsprodukt von 4.530 US-Dollar (2010) und bleibt damit das das größte Schwellenland mit großen regionalen Unterschieden im Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung.
Auch nach 30 Jahren der „Reform- und Öffnungspolitik“ befindet sich China noch im Umbau von einer primär landwirtschaftlichen zu einer Industrie- und Dienstleistungswirtschaftund von einer geschlossenen zu einer offenen Wirtschaft. Der Beitritt des Landes zur Welthandelsorganisation (WTO) Ende 2001 stellt nicht nur eine umfassende Verpflichtungserklärung Chinas und der WTO-Mitglieder zur Wiedereingliederung des Riesenlandes in das Weltwirtschaftssystem dar, sondern war auch für die chinesische Öffentlichkeit ein klares Zeichen der Öffnung ihres Landes und seiner Eingliederung in die arbeitsteilige globale Weltwirtschaft. Nach wie vor haben sich allerdings nicht alle internationalen Erwartungen erfüllt, da eine Vielzahl von Wirtschaftsbereichen weiterhin unter starker staatlicher Kontrolle stehen und teilweise deutliche Marktzugangsprobleme aufweisen.
China steht unverändert vor gewaltigen Aufgaben: ca. 713 Millionen Menschen (National Bureau of Statistics 2009) leben auf dem Lande, von denen noch über die Hälfte in ihrer wirtschaftlichen Existenz von der Landwirtschaft abhängt. Die Landwirtschaft trägt aber nur noch zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Ihr Anteil sinkt, während die Anteile von Industrie (47 Prozent) und Dienstleistungen (43 Prozent) langfristig steigen.
Innovationspolitik
China verfügt im Grundsatz über alle Instrumente, um ein für Innovationen günstiges Umfeld schaffen zu können. Erhebliche Herausforderungen bestehen aber bezüglich geeigneter Strukturen. Auch wenn die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftseinrichtungen und der Wirtschaft, trotz gut geeigneter Infrastrukturen und Möglichkeiten, in weiten Bereichen noch defizitär ist, kann mittelfristig mit einer internationalen Aufholjagd „chinesischer Forschungscluster“ gerechnet werden, zumal die politisch Verantwortlichen die strukturellen Defizite erkannt haben.
Es ist China bisher nicht vollständig gelungen, eigene Entwicklungskapazitäten und –strukturen so aufzubauen, dass auch international nachgefragte Innovationen entstehen. Nach einem Bericht der OECD (Review of Innovation Policy China), der in Zusammenarbeit mit dem chinesischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie entstanden ist, bestehen Verbesserungspotenziale insbesondere in der Marktorientierung, der beruflichen und tertiären Ausbildung, dem Ausbildungssystem und dem Transfer von Forschungsergebnissen in die Wirtschaft.
Der Schwerpunkt der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit in der Forschung liegt derzeit in den Themenfeldern Ökologische Forschung/Umwelttechnologie, Biowissenschaften/-technologie sowie Materialwissenschaften und Kulturgüterschutz. Insgesamt existieren 145 Projekte in zehn Themenfeldern. Gemeinsame Forschungsinstitute bzw. Einrichtungen zur Forschungsförderung wurden zwischen 2000 und 2005 gegründet. Im Bereich der Hochschulbildung wurden zahlreiche gemeinsame Studiengänge mit Doppelabschlüssen eingerichtet.
Grundsatz der Zusammenarbeit ist eine gleichberechtigte, projektbezogene sowie institutionelle Forschungs- und Bildungszusammenarbeit. Aufbauend auf der bisherigen erfolgreichen Kooperation soll eine langfristige und strategische, für Deutschland und China gleichermaßen nutzbringende Forschungs- und Bildungspartnerschaft weiter entwickelt werden.
Strukturreformen
Trotz aller Fortschritte bergen die Strukturen Chinas mittel- und langfristig Risiken für die wirtschaftliche, soziale und damit auch für die politische Entwicklung:
Das chinesische Bankensystem befindet sich noch in einer frühen Entwicklungsphase. Die großen Staatsbanken verbuchen hohe Gewinne; ihre Hauptkreditnehmer, die Staatsunternehmen, sind allerdings nicht immer konkurrenzfähig. Für kleinere und mittlere Unternehmen bleibt die Finanzierung der Ausweitung ihrer Geschäfte durch Bankkredite weiterhin schwierig. Hauptgläubiger der Staatsbanken sind private Sparer, die bei vorerst unvollständiger sozialer Absicherung durch eigene Ersparnisse für Kosten der medizinischen Vorsorge, Ausbildung der Kinder und eigenen Altersvorsorge aufkommen müssen.
Nach offiziellen Angaben gab es 2010 in China etwa 242 Millionen sog. Wanderarbeiter. Hierbei handelt es sich um auf dem Lande registrierte Erwerbstätige, die mehr als sechs Monate im Jahr außerhalb ihres Herkunftsortes gelebt und gearbeitet haben. Die Regierung verfolgt die Situation der Wanderarbeiter, wie auch die der 5,75 Millionen Hochschulabsolventen angesichts der weiterhin angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt sehr aufmerksam. Insbesondere Jugendliche und akademisch gebildete Arbeitslose werden als ein mögliches Potential für soziale Unruhen gesehen. Ende 2010 waren nach offiziellen Angaben 4,1 Prozent der städtischen Erwerbsbevölkerung als arbeitslos registriert. Die tatsächliche Zahl der Arbeitlosen dürfte wesentlich höher liegen. Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB), aber auch chinesische Quellen, gehen von 8,5 Prozent und mehr aus. Bis zu dreißig Prozent der Arbeitskräfte auf dem Lande finden dort keine oder keine ausreichende Beschäftigung.
Das Hauptziel der chinesischen Wirtschaftspolitik bleibt die Wahrung der sozialen Stabilität. Dies ist aufgrund des Wohlstandsgefälles in der chinesischen Gesellschaft schwierig. Die ländliche Bevölkerung sowie West-, Nordost- und Zentralchina kann bisher nur begrenzt am Wachstum teilhaben. Auch in den prosperierenden Küstenprovinzen geht die Wohlstandsschere auseinander. Neben der symbolträchtigen Abschaffung der in China seit jeher praktizierten Besteuerung der Landwirtschaft, die Ende 2005 eine objektive Erleichterung für die ländliche Bevölkerung brachte, ist die augenfälligste politische Reaktion auf diese Entwicklung in den Erschließungs- beziehungsweise Revitalisierungsprogrammen für West- und Nordostchina zu sehen: Die Regierung will in den nächsten Jahren viele Milliarden in Infrastrukturprogramme für die armen westlichen Provinzen stecken. Hinzu kommen neue Anstrengungen, das traditionelle industrielle Kerngebiet der nordöstlichen Provinzen technologisch und strukturell rundum zu erneuern. Gleichzeitig muss das unzureichende Sozialversicherungssystem gestärkt werden, was mittelfristig trotz der gegenwärtig relativ niedrigen Staatsverschuldung und hoher Steuereinnahmen beträchtliche Belastungen für den Staatshaushalt mit sich bringen wird.
Umweltzerstörung ist als belastende Größe in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung erkannt worden und wurde für 2005 mit rund 50 Milliarden Euro beziffert. Als zusätzliches Ziel zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum wurde daher von der Regierung auch postuliert, weniger Energie zu verbrauchen. Zudem will China den Anteil der erneuerbaren Energien am Energiebedarf von derzeit 9 Prozent auf 15 Prozent bis 2020 anheben. Der CO2 Ausstoß soll bis zum Jahr 2020 pro Einheit des Bruttoinlandsprodukts um 40 bis 45 Prozent (verglichen mit 2005) gesenkt werden.
Aktuelle Wirtschaftslage
China hat sich schnell von den Auswirkungen der Wirtschaftskrise erholt. Im Jahr 2010 stieg das BIP um 10,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Für das Jahr 2010 dürfte das Wachstum nach Schätzungen (IMF) bei ca. 9,6 Prozent liegen.
Zwar litt Chinas Bankensystem kaum unter der globalen Finanzkrise, die Realwirtschaft des Landes war jedoch nachdrücklich betroffen. Folge der Wirtschaftskrise war ein scharfer Rückgang des lange Zeit boomenden chinesischen Außenhandels. In Folge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise versucht die chinesische Zentralregierung, das Wirtschaftsachstum vermehrt auf heimischen Konsum zu stützen, was grundsätzlich eine mehrjährige Umstrukturierung der chinesischen Wirtschaft erfordert.
Die Regierung hat ihr Wachstumsziel von 8 Prozent für 2010 erreichen können.Es wird davon ausgegangen, dass China jährlich mindestens 8 Prozent Wirtschaftswachstum benötigt, um um den Arbeitsmarkt stabil zu halten. Aufgrund des starken Wirtschaftswachstums in 2010 und der anziehenden Inflation herrscht in vielen Wirtschaftsbereichen mittlerweile Lohndruck.
Das Wirtschaftswachstum in 2010 war primär der starken Neukreditvergabe und der im ersten Halbjahr 2010 noch expansiven Geldpolitik der chinesischen Zentralbank geschuldet. In Folge zog seit Sommer 2010 die Inflation an. 2010 betrug sie im Durchschnitt 3,3 Prozent, bei weiter steigender Tendenz. Die „gefühlte Inflation“ dürfte jedoch, nicht zuletzt aufgrund steigender Lebensmittelpreise, deutlich höher liegen. Seit Ende 2010 fokussiert die Zentralregierung auf die Inflationsbekämpfung. Die Zentralbank reagierte unter anderem mit mehrfachen Leitzinserhöhungen. Zudem versucht die chinesische Regierung mit verschiedenen Maßnahmen den Anstieg der Immobilienpreise zu begrenzen.
Als zweitgrößte Volkswirtschaft, zweitgrößte Handelsnation und mit den weltweit höchsten Devisenreserven (2,85 Billionen US-Dollar) ist China neben Japan entscheidende Wirtschaftsmacht in der Region. Ausländische Unternehmen investierten 2010 in China 106 Milliarden US-Dollar.Das hohe Wirtschaftswachstum und das steigende Pro-Kopf-Einkommen macht die Volksrepublik zunehmend für Auslandsinvestitionen zur Bedienung des chinesischen Marktes attraktiv.
Außenhandel
Chinas Volkswirtschaft ist eng mit der Weltwirtschaft verflochten, wobei dem Außenhandel eine zentrale Rolle zukommt. Im Jahr 2010 entwickelte sich der chinesische Außenhandel sehr dynamisch. Die Wachstumseinbrüche durch die Wirtschaftskrise sind Vergangenheit und China knüpft an die Steigerungsraten der Vor-Krisenjahre an.
Ein- und Ausfuhren sind 2010 im Vergleich zu 2009 um 34,6% Prozent auf insgesamt 2,97 Bill. USD gestiegen. Damit erreichte China knapp hinter den USA (3,25 Bill. USD) den zweiten Platz der größten Handelsnationen der Welt. Das gesamte Exportvolumen 2010 betrug 1,58 Bill. USD. Dies entspricht einem Zuwachs von 31,3%. China bleibt Exportweltmeister vor den USA und Deutschland. Der Import erreichte ein Volumen von 1,39 Bill. USD. Mit einem Plus von 38,7% legte der Import zum zweiten Mal in Folge stärker zu als der Export, wodurch sich der Saldo der Handelsbilanz noch auf +183 Mrd. USD beläuft. Die EU bleibt Chinas größter Abnehmer mit 19,7% der Exporte, gefolgt von den USA (18%), Hongkong (13,8%) und Japan (7,8%). China bleibt auch im Jahr 2011 auf Wachstumskurs. Nach Zollangaben stiegen die Einfuhren im Januar 2011 im Vergleich zum Vorjahresmonat um beeindruckende 51,1% auf 144 Mrd. USD.
China exportierte vor allem elektronische Erzeugnisse (28,5%), Textilien und Bekleidung (13,1%), Elektrotechnik (8,0%) und Maschinen (7,4%) und chemische Erzeugnisse (5,6%). Im Bereich Eisen und Stahl erreichte China mit einem Plus von 67% die höchste Zuwachsrate, konnte jedoch das Vor-krisenniveau von 2008 noch nicht wieder erreichen. Der Export von Fahrzeugen stieg um 54,1% und von chemischen Exporten um 41,2%. Rund zwei Drittel der chinesischen Exportgüter werden von circa 300.000 ausländisch investierten Unternehmen hergestellt.
Die größten Lieferanten bleiben Japan mit 12,7% der Gesamtimporte sowie Südkorea (9,9%) und Taiwan (8,3%). Deutschland liegt auf dem 5. Rang mit einem Importanteil von 5,3%. Knapp ein Fünftel kommt aus der EU (12%) und den USA (7,3%). Die Importe aus den ASEAN-Staaten machen 11,1% der Gesamtimporte aus. Importiert wurden vor allem Maschinen und Fahrzeuge (39,4), Erdöl und -erzeugnisse (11,7%), chemische Erzeugnisse (10,7%) und Erze (9,4%).
Die Bilanz der bisherigen WTO-Mitgliedschaft Chinas seit dem Jahr 2001 ergibt ein gemischtes Bild: Zum Einen hat China die Beitrittsanforderungen in der Gesetzgebung und bei den Zöllen weitestgehend erfüllt. Andererseits hat es sich bisher zurückhaltend in die Verhandlungen eingebracht und sendet durch eine Vielzahl von bilateralen Freihandelsabkommen zweideutige Signale.
Wirtschaftsbeziehungen zur EU
Seit dem Beginn der Öffnungspolitik 1978 hat sich der europäisch-chinesische Handel mehr als verdreißigfacht. Er betrug 2010 rund 480 Milliarden USD. Die EU-27 ist mit einem Anteil von 19,7 Prozent am chinesischen Außenhandel größter Handelspartner Chinas und viertgrößter ausländischer Investor in China. Aus EU-Sicht ist China der zweitgrößte Handelspartner nach den USA. Die EU ist Chinas größter Technologie-Lieferant. Das Außenhandelsdefizit der EU gegenüber China beträgt 131,7 Mrd. USD (2008: 169,5 Mrd. USD)
Durch den WTO-Beitritt wurden die Zölle abgesenkt, der Marktzugang für europäische Firmen verbessert und nicht-tarifäre Handelshemmnisse abgebaut. Trotzdem bleiben gravierende Marktzugangshemmnisse bestehen. Zudem gehen in aktuellen Umfragen eine zunehmende Zahl von ausländischen Unternehmen eher von einer Verschlechterung der Investitionsbedingungen aus. Die Umsetzung der mit dem WTO-Beitritt verbundenen Regelungen bildet weiterhin einen Schwerpunkt des wirtschaftspolitischen Dialogs zwischen der EU und China. Die Anzahl der EU-Anti-Dumpingmaßnahmen gegen China nimmt jedoch zu. Ende 2010 richteten sich bereits 44,4 % aller bestehenden Maßnahmen gegen China. Insgesamt sind hiervon jedoch nur etwa 1% der Exporte betroffen.
Hinweis