Innenpolitik

Innenpolitik

Stand: Februar 2011

Grundlagen

Indien ist mit mehr als einer Milliarde Einwohnern die bevölkerungsreichste parlamentarische Demokratie der Welt. Es ist laut Verfassung eine säkulare, demokratische und föderale Republik. Indien hat 28 Bundesstaaten und sechs sog. Unionsterritorien. Die Hauptstadt Neu-Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus. Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten und kann im Fall interner Probleme einen Bundesstaat für einen begrenzten Zeitraum unter direkte zentralstaatliche Verwaltung stellen.

Seit Juli 2007 ist Präsidentin Pratibha Devisingh Patil indisches Staatsoberhaupt. Obwohl das Amt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich bringt, verfügt die Präsidentin im Krisenfall über weitreichende Befugnisse.

Indien hat nach der Unabhängigkeit von Großbritannien (1947) den Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative durchgesetzt. Die Entscheidungen der staatlichen Verwaltung (Bürokratie, Militär, Polizei) unterliegen überdies der Kontrolle durch die freie Presse des Landes, die nicht nur in den landesweiten Amtssprachen Hindi und Englisch, sondern auch in vielen der Regionalsprachen publiziert wird.

Regierung und Opposition

Nach den Wahlen zur Lok Sabha (Unterhaus des Parlaments) im April/Mai 2009 hat sich unter Führung der Kongress-Partei gemeinsam mit 5 anderen Parteien sowie 5 Abgeordneten von Kleinstparteien die Koalition der United Progressive Alliance (UPA) neu konstituiert. Die Regierungskoalition hat trotz Zugewinns von 80 Sitzen keine parlamentarische Mehrheit (sie verfügt über 262 von 545 Sitzen). Sie wird jedoch von mehreren Parteien unterstützt. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre.

Regierungschef in zweiter Amtszeit ist der Wirtschaftsfachmann und “Vater” der zu Beginn der 90er Jahre angestoßenen wirtschaftlichen Öffnung Indiens, Dr. Manmohan Singh. Die Kongress-Parteivorsitzende Sonia Gandhi (Schwiegertochter Indira Gandhis und Witwe Rajiv Gandhis, die beide als Premierminister im Amt ermordet wurden) nimmt als Vorsitzende der United Progressive Alliance großen Einfluss auf die Gestaltung der Regierungspolitik. Sonia Gandhi ist gleichzeitig Vorsitzende des „National Advisory Councils“, ein aus 15 Vertretern der Zivilgesellschaft bestehendes unabhängiges Beratergremium, welches dem Premierminister Vorschläge unterbreiten kann.

Die UPA-Regierung versucht, die Teilnahme auch der benachteiligten Schichten am rasanten Wirtschaftswachstum Indiens zu verbessern. Sie hat sich einer Politik zugunsten der „einfachen Menschen“ verschrieben. Wichtige Projekte der Regierung sind die Verbesserung der Lage der Bauern, Gleichberechtigung von Frauen, die Chancengleichheit religiöser Minderheiten sowie von benachteiligten Kasten und Stammesangehörigen, die Verbesserung der Schulbildung und die Modernisierung der Infrastruktur und der Verwaltung. Als weitere drängende Probleme sind insbesondere die Nahrungsmittel betreffende Inflation (rund 10 %) sowie die Bekämpfung der Mangelernährung insbesondere auf dem Land identifiziert.

Seit Herbst 2010 ist die in Indien fast schon endemische Korruption das beherrschende innenpolitische Thema. Auslöser hierfür war die Aufdeckung einer freihändigen Vergabe von Telekommunikationslizenzen durch den mittlerweile inhaftierten ehemaligen Telekommunikationsminister A. Raja. Zu Beginn der Haushaltssitzungsperiode des indischen Parlaments, Ende Februar, wurde hierzu ein Untersuchungsausschuss eingerichtet.

Wichtigste Oppositionspartei ist die hindunationalistische Bharatiya Janata Party (BJP), die von 1999-2004 eine Koalitionsregierung aus über 20 Parteien und Gruppierungen (National Democratic Alliance) angeführt hatte. Nach Verlust von 17 Sitzen verfügt die National Democratic Alliance nun über 159 Sitze im Unterhaus.

Die kommunistischen Parteien Indiens sind über Jahrzehnte in den Bundesstaaten Westbengalen und Kerala besonders erfolgreich gewesen und hatten in der vergangenen Legislaturperiode durch die Tolerierung der Regierungskoalition bis Juli 2008 auch auf zentralstaatlicher Ebene eine wichtige Rolle gespielt. Sie scheiterten jedoch bei den letzten Wahlen mit ihren Bemühungen, eine Gruppe heterogener Parteien in einem Parteienbündnis zur Regierung zu führen und mussten empfindliche Stimmenverluste hinnehmen. Bei den im Jahr 2011 anstehenden Regionalwahlen in Westbengalen und Kerala ist zweifelhaft, ob den kommunistischen Parteien erneut ein Regierungsmandat erteilt wird.

Regionalparteien

In vielen Bundesstaaten Indiens haben sich seit den 1980er Jahren Regionalparteien herausgebildet, die oft von Dissidenten der bis dahin landesweit dominierenden Kongress-Partei gegründet worden waren. Während die meisten dieser Parteien weder Anspruch noch Kraft haben, ihren Einfluss auch auf den Zentralstaat auszudehnen, gelingt es einzelnen Regionalparteien zumindest zeitweise, auch außerhalb ihres ursprünglichen Einflussgebiets Wähler zu mobilisieren. Wichtigste Regionalpartei mit nationalem Anspruch ist die als Partei der Kastenlosen gegründete Bahujan Samaj Party (BSP), die zunächst nur in Nordindien (vor allem im Bundesstaat Uttar Pradesh) aktiv war.

Die BSP versucht zwar, Wählerstimmen sowohl außerhalb ihres traditionellen Einzugsgebiets als auch außerhalb des Wählerlagers der Dalits und sonstiger benachteiligter Gruppen zu gewinnen. Allerdings konnte sie bei den jüngsten Wahlen ihr Ergebnis von 2004 nur um einen Sitz verbessern. Hingegen waren Regionalparteien in Bihar (Janata Dal – United) und Orissa (Biju Janata Dal) sehr erfolgreich, die nach mehreren Regierungsjahren eine gute Bilanz ihrer Arbeit vorweisen konnten.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

gesamten Artikel lesen zurück mit ESC