Innenpolitik

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Stand: Februar 2011

Staatsaufbau

Seit 1978 hat Sri Lanka ein Präsidialsystem mit direkt vom Volk gewähltem exekutiven Präsidenten mit großer Machtfülle. Er ist gleichzeitig Staats- und Regierungschef. Der von ihm ernannte Ministerpräsident führt ein eigenes Ressort neben den zahlreichen Fachministerien.
Das Einkammerparlament mit 225 Sitzen geht mittels eines modifizierten Verhältniswahlrechts aus allgemeinen, gleichen Wahlen hervor. Die Justiz ist unabhängig.
Die unitarische Staatsverfassung weist seit Verabschiedung des 13. Verfassungszusatzes 1987 begrenzt dezentralisierende Elemente auf: Es wurden neun Provinzen geschaffen. Sie haben – bis auf die Nordprovinz, wo der bisherige Bürgerkrieg dies nicht zuließ – gewählte Provinzräte und -regierungen mit einem Leitenden Minister (Chief Minister) an der Spitze. Diesem ist aber ein vom Präsidenten ernannter Gouverneur übergeordnet. Unterhalb der Provinzebene existieren die Ebenen der Distrikte und der Kommunalverwaltung mit gewählten Stadt- und Gemeinderäten. 


Innenpolitik

Die soziokulturelle Struktur des politischen Lebens ist in erster Linie durch die Werte der singhalesischen (ganz überwiegend theravada-buddhistischen) Mehrheit bestimmt. Die Singhalesen empfinden sich – unter Einrechnung der 60 Mio. Tamilen im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu – indes selbst als bedrohte Minderheit in einer tamilisch dominierten Region, während sich die (ganz überwiegend hinduistischen) Tamilen als unterdrückte Minderheit auf einer singhalesisch dominierten Insel betrachten. Angehörige christlicher Religionen gibt es in beiden Ethnien. Die muslimische Bevölkerungsgruppe hat sich in den singhalesischen Landesteilen unter Wahrung ihrer religiösen Prinzipien weitgehend assimiliert, während das Zusammenleben von Muslimen und Tamilen im Norden und Osten nicht immer spannungsfrei war.
Erste Anschläge der tamilischen Separatistenorganisation “Befreiungstiger von Tamil Eelam“ (LTTE) gegen Armeeeinheiten und anschließende anti-tamilische Ausschreitungen in Colombo 1983 markierten den Beginn eines – mit Unterbrechungen – 26 Jahre währenden Bürgerkriegs in Sri Lanka. Die LTTE strebte mit Waffengewalt im Norden und Osten des Landes einen unabhängigen Staat der Tamilen an und schaltete zur Durchsetzung eines Alleinvertretungsanspruchs auch konkurrierende paramilitärische Tamilenorganisationen aus. Mehrmals wurden die militärischen Auseinandersetzungen durch Verhandlungsphasen zwischen der demokratisch gewählten Regierung und der LTTE unterbrochen, so dass in der Rückschau von vier Tamilenkriegen gesprochen wird. 1987 intervenierte Indien mit Zustimmung der damaligen srilankischen Regierung, zog seine Friedenstruppen aber 1990 nach schweren Verlusten wieder ab. Im Februar 2002 wurde ein Waffenstillstandsabkommen zwischen Regierung und LTTE unterzeichnet. Aus anschließenden, von Norwegen vermittelten Friedensverhandlungen zog sich die LTTE 2003 zurück. Sie kontrollierte zu dieser Zeit mit rund 15.000 Quadratkilometern fast ein Viertel der Gesamtfläche der Insel.
Im November 2005 wurde Mahinda Rajapaksa, seit 2004 Ministerpräsident, der in seinem Wahlprogramm den Sieg über die LTTE zum Hauptziel erklärt hatte, zum Präsidenten gewählt. Zwar suchte auch er zunächst den Gesprächsfaden, doch kam es schnell zu einer neuen Eskalation der Gewalt in Sri Lanka. Nach vielen Verletzungen des Waffenstillstands entbrannte im Norden und Osten erneut großflächig der bewaffnete Konflikt. Im Juli 2006 begann die von Rajapaksa verstärkte Armee ihre militärische Offensive, die sie bis zum Sieg über die LTTE im Mai 2009 fortsetzte.
Hunderttausende mussten während des Bürgerkriegs, der nach letzten Schätzungen 100.000 Todesopfer forderte und im Norden des Landes erhebliche Schäden mit sich brachte, ihre Heimatorte im tamilischen Norden und Osten des Landes verlassen. Von den rund 300.000 Binnenvertriebenen, die in den letzten Monaten des Bürgerkriegs im kontinuierlich schrumpfenden Kampfgebiet eingeschlossen waren und nach dem Ende der Kämpfe von der Armee in zunächst geschlossenen Lagern untergebracht wurden, konnten bei weitem noch nicht alle an ihre Heimatorte zurückkehren; einige sind weiterhin in mittlerweile offenen Lagern, ein großer Teil auch bei Gastfamilien untergebracht.
Die sechsjährige Amtszeit von Präsident Rajapaksa wäre im November 2011 ausgelaufen. Um sich nach dem Ende des Bürgerkriegs für die wichtigen Aufgaben der nächsten Jahre – Wiederaufbau, Stärkung wirtschaftlichen Wachstums und nicht zuletzt Sicherung eines friedlichen Miteinanders der ethnischen Gemeinschaften – ein neues Mandat geben zu lassen, hat er aber im November 2009 vorgezogene Präsidentschaftswahlen ausgerufen. Sie fanden am 26. Januar 2010 statt und brachten ihm mit 58 Prozent der Stimmen einen deutlichen Sieg. Sein von mehreren Oppositionsparteien unterstützter Hauptherausforderer Sarath Fonseka – von 2005 bis Juli 2009 Armeeoberbefehlshaber, danach bis November 2009 Oberbefehlshaber aller Streitkräfte – erzielte 40 Prozent. Unter dem Vorwurf politischer Betätigung noch vor seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst sowie wegen ihm zur Last gelegter Unregelmäßigkeiten bei Rüstungsgeschäften wurde Fonseka im Februar 2010 in Haft genommen und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Am 8. April 2010 wurde auch das srilankische Parlament neu gewählt. Im bisherigen Abgeordnetenhaus hatte Rajapaksas Parteienbündnis UPFA (United People´s Freedom Alliance) unter Führung seiner SLFP keine Mehrheit und war angewiesen auf Zusammenarbeit mit der JHU, der NFF (National Freedom Front, JVP-Abspaltung von 12 Abgeordneten, die den Auszug der JVP aus dem seit der Wahl 2004 bestehenden Bündnis mit der SLFP nicht nachvollzogen), mehreren kleineren Parteien und mit 16 UNP-Abgeordneten, die 2005 mit Billigung ihrer Partei ins Regierungslager gewechselt waren. Die Parlamentswahlen im April 2010 führten zu einem deutlichen Sieg des Parteienbündnisses UPFA. Mit rund 60 Prozent der Stimmen konnten die dem Staatspräsidenten nahe stehenden Parteien ihren Vorsprung an Wählerstimmen um 15 Prozentpunkte im Vergleich zu den Wahlen 2004 ausbauen. Umgerechnet auf Parlamentssitze verfügte UPFA über eine bequeme Mehrheit von 144 der 225 Mandate. Eine Mehrheit von 150 Sitzen, die für Verfassungsänderungen erforderlich ist, verfehlten die Parteien um Präsident Rajapaksa nur knapp, allerdings konnten sie diese zwischenzeitlich durch Überläufer aus dem Oppositionslager sichern. Stärkste Oppositionspartei ist UNP. Die tamilische TNA erhielt 14 Sitze. Am 19. November 2010 wurde Präsident Rajapaksa für seine zweite Amtszeit vereidigt, drei Tage später bildete er seine Regierung um. Premierminister blieb der im April nach den Parlamentswahlen ernannte Disanayaka Mudiyanselage Jayaratne. Auch der in das Regierungslager übergelaufene “Sri Lanka Muslim Council” wurde mit einem Ministerposten bedacht.
Am 8. September 2010 nahm das Parlament mit 161 Stimmen den 18. Verfassungszusatz an. Kern sind Aufhebung der bisherigen Beschränkung auf maximal zwei 6-jährige Amtszeiten für den exekutiven Präsidenten (gleichzeitig Staats- und Regierungschef) und Erweiterung seiner Machtfülle bei Besetzung von Positionen in eigentlich unabhängig angelegten Institutionen, im öffentlichen Dienst, bei Justiz und Polizei.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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