Gleichstellungs- und Frauenpolitik in den Vereinten Nationen

Gleichstellungs- und Frauenpolitik in den Vereinten Nationen

Die neue Einheit der Vereinten Nationen für Geschlechtergerechtigkeit “UNWomen”

Am 2. Juli 2010 beschloss die Generalversammlung nach vierjährigen Verhandlungen die Einrichtung einer neuen Einheit der Vereinten Nationen für Geschlechtergerechtigkeit (Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women, kurz “UNWomen”). UNWomen ist seit 1. Januar 2011 arbeitsfähig.

In der neuen Einheit sind die bisher bestehenden vier Einheiten beziehungsweise Programme der VN im Bereich Gleichstellung und Frauenfragen zu einer starken, durchsetzungsfähigen und sichtbaren Organisation vereinigt worden: die beiden Sekretariatseinheiten DAW (Abteilung für Frauenförderung) und OSAGI (Büro der Sonderberaterin für Gleichstellungsfragen und Frauenförderung), das Forschungs- und Ausbildungsinstitut zur Förderung der Frau INSTRAW und der Entwicklungsfonds der Vereinten Nationen für Frauen UNIFEM.

Die neue Einheit verknüpft gleichberechtigt normative und operative Arbeit im Bereich Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit. Ihre Aufgaben umfassen Förderung des Querschnittsthemas Gleichstellung im gesamten VN-System, politische Beratung für Staatengremien und Mitgliedsstaaten und wie entwicklungspolitische operative Programmarbeit im Feld.  Die Einheit übernimmt alle Mandate der vorher bestehenden Einheiten und wird auf der Grundlage des gesamten Acquis der Vereinten Nationen zu Gleichstellung arbeiten. Dies schließt unter anderem die Aktionsplattform und Erklärung der Weltfrauenkonferenz in Peking 1995, die Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau ebenso ein wie Sicherheitsratsresolutionen zum Thema „Frieden, Frauen und Sicherheit“ wie Resolutionen 1325 und 1820.

Zur ersten Leiterin von UNWomen im Range einer Under Secretary General wurde die ehemalige chilenische Staatspräsidentin Michelle Bachelet ernannt. Mit einer Leiterin im Range eines USG wird UNWomen den größten Abteilungen in den VN gleichgestellt und die Bedeutung der Einheit in der VN-Hierarchie unterstrichen. Neben dem Personal in New York wird für die operative Arbeit schrittweise eine umfangreiche Feldpräsenz aufgebaut werden. Die normative Arbeit von UNWomen wird aus dem regulären VN-Haushalt finanziert, die operative Arbeit aus freiwilligen Beiträgen.

Für die normative und die operative Arbeit der Einheit sind unterschiedliche Aufsichtsgremien vorgesehen. Aufsichtsgremium für den normativen Bereich ist die Frauenrechtskommission (CSW). Für den operativen Bereich wurde ein neuer Exekutivrat eingerichtet.


Frauenpolitik in der Generalversammlung und im Menschenrechtsrat

Sowohl die Generalversammlung in New York als auch der Menschenrechtsrat (MRR) in Genf thematisieren die Menschenrechte von Frauen in einer Reihe von Resolutionen. Rechtsverletzungen an Frauen werden in der Regel dann als Menschenrechtsverletzungen gewertet, wenn sie entweder von staatlicher Gewalt ausgehen, von dieser geduldet werden oder staatlicherseits nicht effektiv bekämpft werden können (wegen Schwächung der staatlichen Gewalt, Stichwort “staatliche Zurechenbarkeit”). “Klassische” Menschenrechtsverletzungen sind Gewalt gegen Frauen in verschiedenen Ausprägungen (im Zentrum des Interesses standen in den vergangenen Jahren die Bekämpfung der weiblichen Genitalverstümmelung, sogenannte “Ehrenverbrechen” und die Zwangsheirat), Frauenhandel und alle Formen von Diskriminierung der Frau. Umstritten innerhalb der Staatengemeinschaft (jedoch nicht in der westlichen Staatengruppe inklusive Deutschlands) ist, ob auch häusliche Gewalt als Menschenrechtsverletzung zu werten ist. Ebenfalls umstritten ist die menschenrechtliche Relevanz von sexueller Selbstbestimmung, sexueller Orientierung und reproduktiven Rechten. 

Für das Thema Gewalt gegen Frauen wurde in den Vereinten Nationen das Amt einer Sonderberichterstatterin geschaffen, das seit 2003 die Türkin Yakin Ertürk inne hat. Hinzu kam im Jahre 2004 aufgrund einer deutschen Initiative ein neues Mandat für einen Sonderberichterstatter zu Menschenhandel, insbesondere Frauen- und Kinderhandel, geschaffen. Amtsträgerin ist Sigma Huda aus Bangladesch.

Frauenfragen im allgemeinen und Frauenrechte im besonderen werden im Rahmen der Vereinten Nationen auch in folgenden Staatengremien behandelt:

Staatengremien

  • Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen (Commission of the Status of Women – CSW)
  • Generalversammlung, 3. Ausschuss (soziale, humanitäre und kulturelle Fragen)
  • VN-Menschenrechtsrat (MRR)
  • Ausschuss zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW)


VN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Frauenrechtskonvention – CEDAW)

Die VN-Frauenrechtskonvention ist das wichtigste internationale Instrument zum Schutz der Menschenrechte von Frauen. Die Konvention ist seit 1981 in Kraft. Von Deutschland wurde sie 1985 ratifiziert. Neben einem Diskriminierungsverbot in allen Lebensbereichen enthält das Übereinkommen die Aufforderung an die Vertragsstaaten, eine Vielzahl konkreter Maßnahmen – Gesetzgebungs-, Gerichts-, Verwaltungs- und sonstige Maßnahmen – zu ergreifen, um die rechtliche und tatsächliche Gleichberechtigung der Geschlechter herbeizuführen.

Ein aus 23 unabhängigen Sachverständigen bestehender Ausschuss (CEDAW-Ausschuss) überprüft, inwiefern die Vertragsstaaten ihren Verpflichtungen nachkommen, die zur Durchführung des Übereinkommens notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Der Ausschuss tritt dreimal jährlich zusammen. Von 1989 bis 2008 wurde die Bundesregierung durch Dr. Hannah Beate Schöpp-Schilling im Ausschuss vertreten.

Wie alle Vertragsstaaten ist auch die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, mindestens alle vier Jahre dem CEDAW-Ausschuss zur Umsetzung der Frauenrechtskonvention Bericht zu erstatten. Der letzte deutsche Staatenbericht wurde am 2. Februar 2009 durch das federführende Bundesministerium für Frauen, Soziales, Familie und Jugend (BMFSFJ) vorgestellt. Die Bundesregierung steht zur Umsetzung der Konvention in einem kontinuierlichen, konstruktiven Dialog mit Nichtregierungsorganisationen. Weitergehende Befugnisse erhält der CEDAW-Ausschuss durch das am 22. Dezember 2000 völkerrechtlich in Kraft getretene CEDAW-Zusatzprotokoll, das das Übereinkommen um ein Untersuchungsverfahren und ein Beschwerdeverfahren für betroffene, also in ihren Rechten verletzte Frauen ergänzt. Deutschland hat das Zusatzprotokoll am 15. Januar 2002 ratifiziert.


4. Weltfrauenkonferenz in Peking (1995) und Peking- Aktionsplattform

Bereits auf der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 wurde eine zukunftsweisende Aktionsplattform für alle Bereiche der internationalen Frauenpolitik verabschiedet. Als zentrale Bereiche wurden festgehalten: Frauen und Armut, Bildung und Weiterbildung von Frauen, Frauen und Gesundheit, Gewalt gegen Frauen, Frauen und bewaffnete Konflikte, Frauen und Wirtschaft, Frauen in Entscheidungspositionen, Mechanismen der Frauenförderung, Frauenrechte als Menschenrechte, Frauen und Medien, Frauen und Umwelt, Mädchen.

Seither haben sich die Vereinten Nationen, die Europäische Union und internationale Organisationen intensiv diesen Themen gewidmet, die auch in der deutschen Außenpolitik eine wichtige Rolle spielen.

Eine Bestandsaufnahme der Umsetzung der Aktionsplattform von Peking fand bisher alle 5 Jahre statt, so im Rahmen der Sondergeneralversammlung „Women 2000: Gender Equality, Development and Peace for the 21st Century“ und im Rahmen der 49. VN-Frauenrechtskommission 2005 in New York überprüftmit einer Erklärung, die die Verpflichtungen der internationalen Gemeinschaft von Peking erneut bekräftigte. Anlässlich des 15. Jahrestages der Plattform wird die 54. Sitzung der VN-Frauenrechtskommission im März 2010 erneut die Fortschritte bei der Umsetzung überprüfen.

In einigen Bereichen der Frauenrechte können wir deutliche Fortschritte feststellen, insbesondere bei der Lebenserwartung und beim Zugang von Frauen zu Schulbildung. Auch haben heute mehr Frauen als jemals zuvor ein eigenes Einkommen.

Gleichzeitig werden die Rechte von Frauen weiterhin in allen Regionen der Welt verletzt und Forderungen der politischen und wirtschaftlichen Teilhabe nicht umgesetzt. 


Die Frauenrechtskommission (FRK)

Zentrales Organ der Vereinten Nationen für Frauen- und Gleichstellungsfragen ist die Frauenrechtskommission des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen (ECOSOC), die bereits 1946 u.a. auf Initiative der damaligen US-Präsidenten-Gattin Eleanor Roosevelt ins Leben gerufen wurde. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Förderung von Frauenrechten und in der Sicherung der Gleichstellung der Frau. Durch ihre Mitwirkung an der kontinuierlichen Kodifizierung von Frauenrechten erfüllt sie eine wichtige völkerrechtliche Funktion. Die Frauenrechtskommission tagt seit 1993 jährlich zwei Wochen lang in New York. Ihre 45 Mitglieder werden im ECOSOC jeweils für eine Periode von vier Jahren gewählt.

Mit der Einrichtung der neuen VN-Einheit für Geschlechtergerechtigkeit erhält die Frauenrechtskommission neue Aufgaben: Sie fungiert ab Januar 2011 auch als Aufsichtsgremium für die normative Arbeit von “UNWomen”.

Deutschland misst der Arbeit der FRK hohe Bedeutung bei und wurde zuletzt 2008 für weitere vier Jahre (53.-56. FRK) in die FRK gewählt.

In den vergangenen Jahren widmete sich die Frauenrechtskommission den unterschiedlichsten Themen mit Gleichstellungsbezug, u.a. der gleichberechtigten Teilnahme von Frauen an politischen Entscheidungsprozessen, Fragen der Geschlechterperspektive und der besonderen Situation von Frauen im Zusammenhang mit Armutsbekämpfung , der Rolle von Frauen in der Entwicklungspolitik und dem Zugang von Frauen zu Medien und Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT).

Im Jahre 2004 behandelte die FRK erstmals die Rolle von Männern und Jungen bei der Gleichstellung. Das Ergebnis kann als neue Dimension und wegweisend für die internationale Gleichstellungsdebatte bezeichnet werden.

Hauptthema der Sitzung der Frauenrechtskommission im Jahr 2009 war „Die gleichberechtigte Teilung von Verantwortung zwischen Frauen und Männern, einschließlich der Pflege im Zusammenhang mit HIV/Aids”.


Stand 07.02.2011

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