Innenpolitik

Innenpolitik

Hinweis: Die Länderinformationen stellen Basisinformationen dar, die in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden. Aktuelle Stellungnahmen und Informationen finden Sie in der rechten Randspalte.

Stand: Februar 2011

Grundzüge

Präsident Muhammad Husni Mubarak ist seit 1981 im Amt und wurde zuletzt am 07.09.2005 für eine fünfte, sechsjährige Amtsperiode bestätigt. Die Parlamentswahlen vom Herbst 2010 waren laut ägyptischer Opposition durch systematische Manipulationen geprägt.

Innenpolitisch ist Ägypten durch eine zentralisitische Staatsorganisation und einen umfassenden Überwachungsapparat aus Polizei- und Sicherheitsdiensten charakterisiert. Formal verfügt Ägypten ein Mehrparteiensystem, tatsächlich liegt die Macht aber beim Präsidenten und der Regierungspartei NDP. Wirtschaftspolitisch wird eine Politik wirtschaftlicher Öffnung und Privatisierung verfolgt. Außenpolitisch setzt er die von Präsident Sadat begonnene Friedenspolitik gegenüber Israel fort.

Aktuelle Situation

Die innenpolitische Lage wird aktuell durch anhaltende Demonstrationen nach tunesischem Vorbild erschüttert, unter deren Eindruck Präsident Mubarak am 1. Februar 2011 erklärt hat, auf eine weitere Amtszeit zu verzichten, jedoch bis zu den Ende 2011 anstehenden Wahlen im Amt bleiben zu wollen.

Politische Stabilität und strikte staatliche Kontrolle des öffentlichen Lebens sind oberste Maxime des innenpolitischen Handelns. Die Zulassung von Nichtregierungsorganisationen wird durch ein Gesetz von 2002 reglementiert, die Gründung von Gewerkschaften außerhalb der staatlichen Gewerkschaften ist verboten. Formal verfügt Ägypten über ein Mehrparteiensystem. Tatsächlich liegt die Macht beim Präsidenten und seiner Umgebung und wird gestützt durch die staatstragende National-Demokratische Partei (NDP) und das Militär. Die rund zwei Dutzend überwiegend säkularen kleineren Parteien sind als Opposition bedeutungslos. Die Muslimbrüder sind die am besten organisierte Oppositionskraft, dürfen aber weder als Organisation noch als politische Partei auftreten. Sowohl die politischen Strukturen als auch die Situation der Menschenrechte sind unbefriedigend.

Im Mai 2010 ist das seit 1981 ununterbrochen geltende Notstandsrecht erneut um zwei Jahre verlängert worden. Im April 2007 traten Verfassungsänderungen in Kraft, die dem Präsidenten auch nach einer Aufhebung des Notstandsrechts Sondervollmachten einräumen. Parteien und Kandidaten, die nicht dem Lager des Präsidenten und seiner Gefolgsleute angehören, sind damit bei Wahlen chancenlos. 

Willkürliche Verhaftungen, Folter und Misshandlung sind nach wie vor weit verbreitet. Bis zu dem Aufflammen der Proteste im Januar 2011 war die Presse vielfältig, sehr offen und vielfach regierungskritisch. Es kam jedoch vor, dass kritische Journalisten bei missliebigen Äußerungen strafrechtlich verfolgt werden.

Seit Ende 2006 führten Lohnabbau, steigende Lebenshaltungskosten und Rationalisierungsmaßnahmen zur Zunahme von „wilden“ Streiks und Arbeiterprotesten, die sich auch gegen die staatlichen Gewerkschaften richteten. Konflikte zwischen den Religionsgemeinschaften – Muslimen und Kopten – sind eher die Ausnahme. Staatsapparat und Religionsführer sind gemeinsam und mit Erfolg um Mäßigung, Dialog und einen toleranten Umgang untereinander bemüht. 

Regierung

Am 29. und 31. Januar 2011 hat hat Präsident Mubarak erstmalig einen Stellvertreter (General Omar Sulaiman) ernannt und das Regierungskabinett umgebildet. Premierminister ist seit 29. Januar 2011 General Ahmad Shafiq, Außenminister Ahmad Abul-Gheit. Am 31. Januar 2011 wurde General Murad Mowafi zum neuen Geheimdienstchef ernannt. Tatsächlich sind die Kompetenzen der Regierung stark auf die Bereiche Wirtschaftsreformen und Sozialpolitik konzentriert; die Außen- und Sicherheitspolitik des Landes werden dagegen de facto eher vom Staatspräsidenten bestimmt. 

Parlament

Das ägyptische Parlament besteht aus zwei Kammern, der Volksversammlung als Gesetzgebungsorgan, und der „Schura“ mit beratender Funktion. Nach den Parlamentswahlen am 28.11.2010 (Zweiter Wahlgang 5.12.2010) stellt die NDP mit 419 von 525 Sitzen die überwältigende Mehrheit. 70 Sitze gingen an “Unabhängige”, die sich größtenteils aus früheren NDP-Anhängern zursammensetzen,  die von ihrer Partei nicht nominiert wurden. Lediglich 14 Sitze sind Oppositionsparteien zuzuordnen, wobei deren stärkste Gruppe, die Wafd-Partei, ebenfalls dem Regierungslager nahe steht. Die Muslimbrüder waren erst zu den Stichwahlen nicht mehr angetreten.

Wahlvorbereitung und –durchführung wurden laut Oppositon und Nichtregierungsorganisationen begleitet durch massive Repressionen; das Oppositionslager sah sich nahezu unüberwindlichen Hürden gegenüber. Trotz offenkundiger Unregelmäßigkeiten (Manipulationen der Sicherheitskräfte, Sperrung bzw. vorzeitige Schließung von Wahllokalen und Austausch von Wahlurnen am Wahltag, Verhaftung von bis zu 1500 Oppositionellen, Behinderung der ohnehin stark ausgedünnten richterlichen Wahlbeobachtung) blieb es auf den Straßen vergleichsweise ruhig. Polizeiberichte sprachen jedoch von 8 Todesfällen durch Gewalteinwirkung. Die Wahlbeteiligung betrug offiziell knapp 30 Prozent, realistisch sind höchsten 20 Prozent im ersten und maximal 10 Prozent im zweiten Wahlgang.

Die Zulassung neuer politischer Parteien scheitert fast ausnahmslos an dem dafür zuständigen Ausschuss des Schura-Rates. Eine Ausnahme macht die im Juli 2007 gegründete, aus ex-NDP-Mitgliedern und Unabhängigen bestehende neue Partei „Demokratische Front“. 

Militanter Islamismus und Terrorismus

Starke Sicherheitsvorkehrungen und hartes Durchgreifen der Regierung gegenüber islamistischen Extremisten hatten terroristische Aktivitäten weitgehend zum Erliegen gebracht, menschenrechtliche Standards wurden dabei häufig nicht beachtet. Wie mehrere Anschläge zwischen 2004 und 2006 sowie zuletzt am 22. Februar 2009 gezeigt haben, ist diese Sicherheit aber nicht absolut. 

Das öffentliche Leben in Ägypten und die dazugehörigen Wertvorstellungen werden traditionell erheblich von der islamischen Religion geprägt, wobei die gemäßigt-sunnitische Ausrichtung der Azhar-Universität dominiert. Der politische Islam ist als gesellschaftliche Kraft ein Faktor, der unabhängig von den wenigen militanten Kräften an Bedeutung gewinnt.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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