Wirtschaftsbeziehungen zu Lateinamerika

Wirtschaftsbeziehungen zu Lateinamerika

VW Werk in Buenos Aires / Argentinien
© T. Imo / Photothek

Lange Tradition der deutsch-lateinamerika­nischen Wirtschafts­beziehungen

Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zu Lateinamerika sind eng und haben eine lange Tradition. Viele deutsche Unternehmen sind schon seit über 100 Jahren mit Tochterunternehmen vor Ort vertreten und genießen ein hohes Ansehen. Der deutsche Außenhandel mit Lateinamerika ist in den letzten Jahren stärker als der gesamte deutsche Außenhandel gestiegen. Brasilien und Mexiko, aber auch viele andere aufstrebende Länder Lateinamerikas, sind für Deutschland attraktive Wirtschaftspartner.

Solide Fundamentaldaten, eine marktwirtschaftlich orientierte Wirtschaftspolitik vieler Länder und eine zunehmende regionale Verflechtung rechtfertigen ein neues Interesse deutscher Unternehmen an der Region. Der Anteil Lateinamerikas an der Weltwirtschaft und dem internationalen Handel nimmt zu und viele Länder verzeichnen hohe Wachstumsraten. In der Wirtschafts- und Finanzkrise haben sie ihre wirtschaftliche Stabilität unter Beweis gestellt und waren in geringerem Maße von der Rezession betroffen als viele etablierte Industrieländer. Die neuen wirtschaftlichen Chancen wollen Deutschland und Lateinamerika zum beiderseitigen Nutzen ergreifen.

Ausdruck der positiven wirtschaftlichen Entwicklung ist auch die verstärkte Präsenz Lateinamerikas auf internationaler Ebene. Die OECD hat hat sich den Gegebenheiten der heutigen Welt angepasst und die Prozesse der Erweiterung und Kooperation auf Lateinamerika ausgeweitet. So ist neben Mexiko seit 2010 auch Chile Mitglied der OECD. Die Staaten Lateinamerikas müssen in die Entwicklung geeigneter Strategien einbezogen werden, um globale Fragen zu lösen. Durch die deutsche G8-Präsidentschaft 2007 in Heiligendamm wurden weitere Schritte zur verstärkten Mitsprache als auch zu größerer Mitverantwortung der Schwellenländer eingeleitet. Mit der Etablierung der G20 als zentrales Forum für die Kooperation in Weltwirtschaftsfragen wurde der verstärkten Einbeziehung der lateinamerikanischen Staaten 2009 in Pittsburgh Rechnung getragen. Brasilien, Mexiko und Argentinien sitzen heute als gleichberechtigte Verhandlungspartner mit am Tisch, wenn die wichtigsten Wirtschaftsmächte im Rahmen der G20 über Maßnahmen zur Reformierung der Weltfinanzordnung diskutieren. Die im Lateinamerika- und Karibik-Konzept hervorgehobene „Partnerschaft auf Augenhöhe“ ist somit in vielen Bereichen bereits Realität.

Neue Möglichkeiten für ein Engagement der deutschen Wirtschaft

Die Bundesregierung unterstützt die deutsche Wirtschaft bei der Erschließung des Potentials Lateinamerikas. Die insgesamt 21 deutschen Auslandshandelskammern bilden zusammen mit der bundeseigenen Germany Trade and Invest (GTaI) und den deutschen Auslandsvertretungen die drei Säulen der deutschen Außenwirtschaftsförderung. Kleinere und mittlere Unternehmen stellen dabei die wesentliche Zielgruppe dar. In der Lateinamerika-Initiative der deutschen Wirtschaft, einem Zusammenschluss von Wirtschaftsverbänden, haben die Unternehmen dafür einen zentralen Ansprechpartner. Auch leistet der Lateinamerika Verein als Unternehmensnetzwerk und Informationsplattform für die deutsche Wirtschaft einen wichtigen Beitrag zum Auf- und Ausbau von Geschäftsaktivitäten in der Region.

Das Wirtschaftswachstum hat in den meisten Ländern Lateinamerikas Bedarf an neuen Infrastrukturprojekten geschaffen. Sie ermöglichen ein Engagement der deutschen Wirtschaft. Ein gutes Beispiel dafür ist Brasilien, das durch die Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und der Olympischen Spiele 2016 vor besonderen Herausforderungen steht. Um gezielt die Teilhabe der deutschen Wirtschaft an der Realisierung der Projekte zu sichern, wurden auf politischer Ebene schon frühzeitig Kooperationsabkommen mit der brasilianischen Regierung geschlossen. Hier sind für die deutsche Wirtschaft vor allem große Infrastrukturvorhaben wie der Bau von Straßen, Eisenbahnlinien, Häfen, Flughäfen und Logistikzentren von Interesse. Aber auch in anderen Bereichen ist deutsche Spitzentechnologie gefragt, etwa im Bergbau, bei Erneuerbaren Energien, im Bereich Umwelttechnik und in der Gesundheitswirtschaft. Deutschland kann seine Erfahrung, derartige Großprojekte langfristig und nachhaltig zu planen und auszugestalten, in lateinamerikanische Projekte einbringen.

Energie und Rohstoffe nachhaltig gewinnen und nutzen

Die Energie- und Rohstoffpolitik ist in der Zusammenarbeit Deutschlands mit Lateinamerika ein bedeutendes Thema. Deutschland ist im Energiebereich einer der wichtigen bilateralen Kooperationspartner in der Region. Das Potential zur Erhöhung der Energieeffizienz ist in Lateinamerika hoch und noch nicht ausgeschöpft. Das gleiche gilt für die Effizienz bei Erzeugung und Transport von Energie. Auch eine nachhaltige, sichere und kostenadäquate Energie- und Rohstoffversorgung Deutschlands ist wichtiger Gegenstand der Zusammenarbeit.

Brasilianische Wirtschaftsmetropole Sao Paulo
© picture – alliance / ZB

Sao Paulo

Brasilianische Wirtschaftsmetropole Sao Paulo

© picture – alliance / ZB

Die Bundesregierung steht deshalb den Staaten der Region beim Aufbau nachhaltiger Energiesysteme durch Beratung, Finanzierung von Vorhaben sowie durch Energie- und Klimaschutzabkommen zur Seite. Deutsche Unternehmen haben beste Voraussetzungen, um an der Modernisierung der Energieerzeugung in Lateinamerika teilzunehmen. Es gilt, auch neue Märkte insbesondere im Bereich der Erneuerbaren Energien, der Energieeffizienz und der Umwelttechnologie sowie der Rohstoffförderung zu erschließen.

Deutschland ist als rohstoffarmes Land stark von Importen abhängig. Das ist nicht nur der Fall bei Energierohstoffen, sondern auch beispielsweise bei Metallen. Für die Rohstoffpolitik der Bundesregierung spielt dementsprechend neben der Wirtschaftlichkeit und der Umweltverträglichkeit der Produktion auch die Versorgungssicherheit eine zentrale Rolle. In Lateinamerika finden sich große Vorkommen an mineralischen Rohstoffen wie Eisen, Kupfer, Zinn und Lithium. Knapp 60 Prozent der weltweiten Produktion von Lithium, das für die Herstellung von Lithium-Ionen Akkus zum Beispiel für Elektroautos wichtig ist, kommen aus Lateinamerika. Das zeigt, dass die Zusammenarbeit mit Lateinamerika, besonders für Deutschland als Hightech-Standort, für die Entwicklung und den Einsatz von Zukunftstechnologien von großer Bedeutung ist.


Stand 20.01.2011

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