Innenpolitik

Innenpolitik

Stand: Oktober 2010

Staatsaufbau

Guinea-Bissau ist eine Präsidialrepublik mit einer starken Stellung des direkt gewählten Staatspräsidenten. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, er besitzt ein Vetorecht gegen Beschlüsse der Nationalversammlung und kann sie bei politischen Krisen auflösen. Das in sieben Regionen eingeteilte Land wird zentral verwaltet. Das System der verfassungsmäßigen Gewaltenteilung ist schwach ausgebildet, mit einer dominierenden Exekutive und einem nach wie vor über-präsenten Militärsektor.

Aktuelle innenpolitische Lage

Am 1. April 2010 wurden der Generalstabschef, Admiral Zamora Induta, und Ministerpräsident Carlos Gomez Junior von einer Gruppe Militärs unter der Führung des Vize-Generalstabschefs, General Antonio Indjai, illegal festgenommen. Zwischenzeitlich wurde der selbst ernannte Generalstabschef Indjai in seinem Amt bestätigt ebenso wie der Konteradmiral Bubo Na Tchuto als erneuter Marinechef Guinea-Bissaus. Dieser hatte im August 2008 versucht, die Regierung zu stürzen und musste daraufhin aus dem Land fliehen. Ihm wird von der internationalen Gemeinschaft vorgeworfen, eine aktive Rolle im Drogenhandel des Landes zu spielen. Die relative politische Stabilität, die sich in Guinea-Bissau seit der Neuwahl von Präsident Malam Bacal Sanhá im Juli 2009 eingestellt hatte, hat damit einen schweren Rückschlag erlitten. Seit dem Bürgerkrieg von 1998/1999 ist das Land politisch instabil. Bereits zuvor wurde das Land immer wieder von Regierungskrisen und politischen Anschlägen erschüttert.

Zwischen Sommer 2005 und 2008 mussten drei Regierungen gehen. Im Herbst 2005 war die Regierung unter Ministerpräsident Carlos Gomes Junior entlassen worden. Am 19. März 2007 hatte ein Misstrauensvotum gegen die Regierung unter Ministerpräsident Aristides Gomes Erfolg. Am 6. August 2008 wurde die Regierung unter Ministerpräsident Ndafa Cabi abgelöst, die sich lange auf eine breite parlamentarische Mehrheit von Abgeordneten der größten Parteien PAIGC (Partido Africana para a Independência da Guiné e Cabo Verde), PUSD (Partido unido social democrata) und PRS (Partido de Renovaçâo Soçial) stützen konnte. Die friedlich verlaufenen und unter enger Begleitung der internationalen Gemeinschaft organisierten Neuwahlen des Parlaments am 16. November 2008 brachten eine absolute Mehrheit für die PAIGC. Anfang 2009 übernahm Carlos Gomes Junior erneut die Regierungsgeschäfte.

Hoffnungen auf einen politischen Neuanfang mit einer stabilen politischen Mehrheit verflogen schnell. Am 1. und 2. März 2009 wurden kurz hintereinander zunächst Generalstabschef Tagme Na Waie, dann Staatspräsident Vieira Opfer von Attentaten. Einen Tag vor Beginn des Wahlkampfes zu den Präsidentschaftswahlen am 5. Juni fielen der unabhängige Präsidentschaftskandidat Baciro Dabo und weitere drei Personen, darunter der ehemalige Verteidigungsminister, einem tödlichen Anschlag zum Opfer. Sie sollen an Putschplänen gegen Ministerpräsident Gomes Junior beteiligt gewesen sein.

Das Kernproblem ist die zu starke Stellung des Militärs im politischen Machtgefüge. Das Militär betrachtet sich als Garant der Unabhängigkeit von 1974 und hält sich in weiten Teilen für unantastbar. Dabei befinden sich die Streitkräfte auf einem sehr niedrigen Ausbildungs- und Ausrüstungsstand. Die schwachen staatlichen Strukturen und fehlende finanziellen Mittel verhindern bisher wirksame Reformen. Das Parteiensystem funktioniert nicht. Die Parteien sind eher personen- als programmorientiert. Die Medien begleiten die politische Entwicklung durchaus kritisch. Printmedien erscheinen aber unregelmäßig in einem Land mit hoher Analphabetenrate. Das Justizsystem ist schwach. Die Polizei ist schlecht ausgerüstet, funktionierende Gefängnisse gibt es nicht. Die vom Parlament am 23. Januar 2008 beschlossene umfassende Sicherheitssektorreform (SSR) ist unabdingbar für ein friedliche Entwicklung des Landes. Seit April 2008 wurde die Reform durch eine EU-Beratermission begleitet, die zum Ziel hatte, die Rolle des Militärs zu begrenzen und effiziente Strukturen bei Polizei, Justiz und Streitkfräften zu etablieren. Aufgrund der Ereignisse vom April 2010 wurde das Mandat über September 2010 hinaus nicht mehr verlängert.

Die Entsendung einer ECOWAS-Friedensmission wird derzeit noch diskutiert, stößt aber in den Reihen der Militärs auf Widerstand.

Wichtiges politisches Thema bleibt in diesem Zusammenhang auch der Kampf gegen die wachsende Drogenkriminalität. UNODC fördert federführend das Engagement der lokalen Behörden.

Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird regelmäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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