Zusammenarbeit in Strafsachen
Zusammenarbeit in Strafsachen
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Ziel ist hier die Verstärkung des wechselseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten, um hierdurch die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen zu fördern und auch die grundlegenden Rechte der Verfahrensbeteiligten zu schützen.
Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen
Ein wichtiger Schritt war der Rahmenbeschluss über die gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen von 2005, welcher die europaweite Vollstreckung grundsätzlich aller in einem EU-Mitgliedstaat verhängten Geldstrafen und Geldbußen für alle Formen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten (d.h. insbesondere auch Verkehrsordnungswidrigkeiten) vorsieht. Die Umsetzung dieses sog. „Knöllchenbeschlusses“ in deutsches Recht ist in Kürze zu erwarten.
Europäischer Haftbefehl und Europäische Beweisanordnung
Ein wesentlicher Integrationsschritt der letzten Jahre war die Annahme des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl von 2002, der es bei bestimmten schwerwiegenden Delikten ermöglicht, einen in einem Mitgliedstaat ausgestellten Haftbefehl auch in Deutschland innerhalb von 90 Tagen zu vollstrecken. Insoweit wird das bisherige komplizierte Auslieferungsverfahren vermieden. Der Rahmenbeschluss wurde durch das Europäische Haftgesetz v. 20.07.2006 in deutsches Recht umgesetzt.
Zur weiteren Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit hat der Rat im Dezember 2008 den Rahmenbeschluss über die Europäische Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafsachen erlassen. Dazu können beispielsweise Sachen oder Daten gehören, die von Dritten bereitgestellt wurden oder aus einer Durchsuchung von Räumen einschließlich der Privaträume des Verdächtigen stammen. Die Umsetzung in deutsches Recht steht noch aus.
Mindeststandards in Strafverfahren
Voraussetzung für mehr Vertrauen in die Rechtsanwendung der Mitgliedstaaten und unerlässlich für weitere Integrationsschritte ist die Festlegung bestimmter Mindeststandards im Strafverfahren auf EU-Ebene. In diesem Zusammenhang wurde Richtlinie über das Recht auf Verdolmetschung und Übersetzung in Strafverfahren beschlossen.
Harmonisierung von materiellen Strafrechtsnormen
Der Amsterdamer Vertrag schuf die Möglichkeit, Straftatbestände zu harmonisieren, wenn sie einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen und hinreichend schwerwiegend sind. Damit soll vor allem vermieden werden, dass sich die organisierte Kriminalität wegen unterschiedlicher Strafandrohungen in bestimmten Ländern konzentriert („keine sicheren Häfen“).
Im Rahmen dieser strafrechtlichen Harmonisierung hat der Rat 2001/2002 Rechtsakte zur Bekämpfung des Terrorismus, der Geldwäsche, der Schleuserkriminalität, des Menschenhandels und der Umweltkriminalität verabschiedet, außerdem zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie. Der Beschluss betreffend die Ermittlung und Strafverfolgung von Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurde ebenfalls erlassen. Der Vertrag von Lissabon eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit weiterer Strafrechtsharmonisierung bei schwerwiegender Kriminalität.
Eurojust
Mit Ratsbeschluss vom 28.02.2002 ist die Europäische Stelle Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren organisierten Kriminalität als Institution mit eigener Rechtspersönlichkeit in Den Haag errichtet worden. Eurojust verfügt nicht über eigene Ermittlungsbefugnisse. Seine Aufgabe besteht vielmehr darin, bei Fällen mit internationalem Bezug die Zusammenarbeit unter den nationalen Staatsanwaltschaften der europäischen Mitgliedstaaten zu koordinieren.
Europäisches Justizielles Netz für Strafsachen
Schließlich dient seit seiner Errichtung im Juni 1998 das Europäische Justizielle Netz für Strafsachen dazu, die Kontakten zwischen den zuständigen Justizbehörden zu erleichtern. Kontaktstellen versorgen sowohl die örtlichen Justizbehörden ihres Landes sowie die ausländischen Kontaktstellen mit sämtlichen Informationen, welche für die reibungslose justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere im Rahmen von Rechtshilfeersuchen, erforderlich sind.
Bekämpfung von Diskriminierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
Ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld der EU bei der Schaffung eines „Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ ist die unionsweite Bekämpfung von Diskriminierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.
Wichtige legislative Maßnahmen der EU zur Bekämpfung von Diskriminierungen stellen die Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft sowie die Richtlinie zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf im Jahr 2000 dar. Diese werden ergänzt durch den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit von 2007. Damit wird eine Mindestharmonisierung in den Strafvorschriften der Mitgliedstaaten, insb. hinsichtlich der Strafbarkeit des Verbreitens von rassistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen, erzielt.
1998 hat die Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) ihre Arbeit in Wien aufgenommen hat. Sie wurde 2007 abgelöst durch die Europäische Grundrechteagentur. Da diese Agentur auf der Beobachtungsstelle aufbaut, erstreckt sich ihre Arbeit ebenfalls auf rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Phänomene sowie auf den Schutz der Rechte der Angehörigen von Minderheiten und die Gleichstellung der Geschlechter.
Stand 09.12.2010